«Kinder zeichnen kein Gesicht mit Maske»

Erstellt von Manuela Moser |
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Marianne Meier führt die Spielgruppe «Topolino» in Küsnacht seit neun Jahren. Das 30-Jahr-Jubiläum fiel kürzlich wegen Corona ins Wasser. Der Alltag mit kleinen Kindern geht aber trotzdem weiter. Wenn auch ohne viele geliebte Rituale wie das zusammen Essen.

Marianne Meier, das 30-Jahr-Jubiläum der Spielgruppe «Topolino» konnten Sie wegen Corona nicht feiern. Bleiben Sie ­zuversichtlich?

Ich fand die Absage des Fests sehr traurig. Aber irgendwann wird der Tag kommen, an dem wir unser Jubiläum nachfeiern werden. Der erste Lockdown damals war sehr hart. Alles war neu und unwirklich, wir mussten uns informieren, schnell und weitsichtig handeln, die vorübergehende Schliessung bestimmen. In der zweiten Welle hatten wir immer geöffnet, wir haben einiges an Erfahrung in der Pandemie gesammelt. Ich fühle mich zurzeit sehr wohl, denn es sind alle gesund, und ich bin glücklich, arbeiten zu dürfen.

Wie hat sich der Alltag in der Spielgruppe verändert?

Er hat sich sehr stark verändert. Wir verwenden sehr viel Zeit dafür, die Hygienemassnahmen bei uns und den Kindern ­einzufordern. Die Kinder waschen viel häufiger als vor Corona ihre Hände, wir sind strenger im Einhalten der Regel, dass nichts in den Mund genommen wird, wir putzen öfters, wir desinfizieren mehr, wir lüften regelmässig, wir führen Listen, wer mit wem spielt, wer nebeneinander am Tisch sitzt. All das nimmt Zeit und Aufmerksamkeit, die wir ohne Pandemie den Kindern widmen könnten.

Singen Sie noch mit den Kindern?

Das durften wir lange nicht mehr. Es war besonders schlimm, weil das Singen oft Teil eines Rituals ist. Es geht auch ein Grossteil an Vermittlung von Sprache verloren. Ich bin froh, dass wir das nun wieder dürfen.

Zusammen essen geht auch nicht mehr.

Der Znüni- und Mittagstisch findet zwar noch statt, ist aber nicht mehr so familiär und gemütlich, da wir Betreuerinnen Masken tragen und nicht mehr gleichzeitig mit den Kindern essen. Wir essen räumlich getrennt von den Kindern und den Kolleginnen – abwechslungsweise versteht sich.

Wie klappt der Austausch mit den Eltern?

In der Spielgruppe pflegen wir einen engen, offenen Kontakt und Austausch. Wir führen beim Bringen und Holen der Kinder Gespräche über alles. Sie helfen uns gegenseitig auf dem neuesten Stand zu sein oder einfach mal zu plaudern. Diese Kommunikation ist Teil unserer Arbeit und kommt seit der Pandemie oft zu kurz. Die Eltern verabschieden die Kinder bereits vor der Tür und gehen schnell weiter, damit kein «Stau» beim Eingang entsteht.

Gab es bei Ihnen schon Corona-Fälle?

Vergangene Woche hatten wir den Fall ­eines positiv getesteten Elternteils. Es ist das dritte Mal bei uns in der Spielgruppe. Jede der Familien hat uns sofort informiert, sich testen lassen sowie sich selbstständig und absolut vorbildlich in die Isolation beziehungsweise in die Quarantäne begeben. Ich selbst musste mich schon zweimal testen lassen, was nicht nur mich ziemlich nervös machte. Zum Glück war der Test beide Male negativ.

Ist bei positivem Ergebnis die Aufregung ­jeweils gross?

Ja und nein. Wir müssen einfach schnell entscheiden und reagieren. Unsere Vereinspräsidentin Christiane Klainguti und Manuel Kellenberger, der für die Eltern-Korrespondenz zuständig ist – die Spielgruppe wird von einem Verein getragen –, informieren die Eltern jeweils sofort über den positiven Fall. Der Name der betroffenen Familie wird nicht genannt, aber der Tag oder die Tage, an dem das Kind die Spielgruppe besucht hatte. Die meisten Eltern nehmen die Information dankend entgegen und fast alle bringen ihr Kind ohne Unterbruch weiter zu uns.

Welche Methoden haben Ihnen schon ­früher geholfen, den Mut nicht zu verlieren?

Ich fand Hilfe beim Spielgruppenleiterinnen-Verband, der uns Leiterinnen seit Beginn der Pandemie regelmässig auf den neuesten Stand bringt und bei Unsicherheiten Rat weiss. Am meisten Mut, Halt und Vertrauen gaben und geben mir aber meine Arbeitskollegin, die Spielgruppenkinder, deren Eltern und der Vorstand. Die Kinder, die voll im Hier und Jetzt sind, die einfach weitermachen, als sei nichts geschehen.

Wie wird Corona die Kinder verändern?

Das ist eine spannende Frage, aber ich  kann sie nicht beantworten. Kinder sind sehr flexibel. Flexibler als die meisten Erwachsenen. Ich denke, sie werden das gut überstehen und sich, je nach dem, später gar nicht mehr richtig daran erinnern können. Idealerweise bleibt die Hygiene sogar auf diesem hohen Niveau – die Kinder niesen in die Innenseite des Ellenbogens und waschen sich regelmässig sowie gründlich die Hände.

Was ist sonst noch anders?

Es sind nicht alle Kinder gleich stark in der Kommunikation. Gerade für die Schwächerein sind Körpersprache und Mimik des Gegenübers sehr wichtig. Durch die Masken fällt ein grosser Teil der nonverbalen Kommunikation weg. Glücklicherweise konnten wir die Kinder, die im August gestartet haben, alle noch ohne Masken eingewöhnen, so dass sie uns nicht nur mit halbem Gesicht kennen gelernt haben. Und hier noch eine Beobachtung aus dem Spielgruppenalltag: Obwohl die Pandemie nun schon seit einem Jahr unser Leben beeinflusst, habe ich noch kein Kind Menschen mit Masken zeichnen sehen. Es scheint, als haben sie am Ende jeden Tages doch mehr Menschen ohne Maske gesehen, als umgekehrt.

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