«Krokodil» steht ab heute auf dem Podest

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Am 15. Juni ist es so weit. Die Loki Krokodil wird vom Industriegleis bei Bombardier zu ihrem definitiven Standort bei Price Waterhouse Coopers transportiert. «Ein Meilenstein in der Oerliker Geschichte», sind die Organisatoren überzeugt. Es fehlt allerdings noch etwas Geld.

Am 15. Juni um 8 Uhr morgens sind alle bereit für die Verschiebung der 128 Tonnen schweren und 20 Meter langen historischen Loki CE 6/8 II, Nr. 14270 an ihren Ausstellungsort: Verein Oerlikon Industriegeschichten, SBB, Architekt, Stadt und Emil Egger AG. Zuerst wird die Loki vom Industriegleis von Bombardier zum Bahnhof Seebach geschleppt. Bis Mittag erfolgt der Verlad auf den Tieflader. Am Nachmittag werden die Bodenplatten am Standort von Price Waterhouse Coopers (PWC) installiert und weitere Vorbereitungen getroffen. Ab 20 Uhr erfolgt der Transport der Loki vom Bahnhof Seebach zu PWC. «Wenn alles gut läuft, wird die Loki ab zirka 21 Uhr in die Hülle geschoben», hält Organisator Hansruedi Diggelmann fest. «Die Bewilligung der Dienstabteilung Verkehr der Stadt Zürich ist aber bis Dienstag morgen um 5 Uhr erteilt. Dies nur zur Sicherheit, falls Komplikationen zu bewältigen wären.» 
Es wird erwartet, dass vor allem am Abend zahlreiche Schaulustige anwesend sind. Die Zuschauer sollen übersichtlich in Gruppen von ungefähr 30 Personen kanalisiert werden und, wenn nötig, auf die Abstandswahrung aufmerksam gemacht werden. Sie sind zudem gebeten, eine Schutzmaske zu tragen. Zusätzlich zum Vorstand des Vereins Oerlikon Industriegeschichten werden Personen eines privaten Sicherheitsdienstes anwesend sein.

Einbruchsicherer Käfig 
Die Hülle fürs «Krokodil» bei PWC ist einbruchsicher. «Stirnseitig gibt es Schaufenster (Glas) bis auf eine Höhe von 2,20 Metern. Der Rest der Hülle besteht aus einem Drahtgeflecht der Firma Geobrugg, das zwar sehr filigran ausschaut (und von Weitem eine fast totale Transparenz aufweist), jedoch aus gehärtetem Stahl gefertigt ist, der sonst für Auffangnetze für Steinschlag oder in der Formel 1 verwendet wird», erläutert Jürg Senn, Architekt bei 10:8-Architekten. Die Hülle kann betreten werden. Der Platz in der Hülle neben der Lokomotive beträgt seitlich 1,5 Meter, stirnseitig sind es je etwa 3 Meter. «Es lässt sich jedoch ein ganzes Feld über die gesamte Höhe mit einer (abschliessbaren) Schiebetüre öffnen, so dass die Lokomotive auch ohne Gitter in der ganzen Höhe bestaunt werden kann.» Beim grossen Schiebetor ist der Hauptzugang zur Lokomotive – dort weist auch das betonierte Gotthard-Relief die grösste Fläche auf. «Wir sind mit dem Resultat sehr zufrieden», betont Senn. «Die juristischen und finanziellen Aspekte waren wohl wesentlich komplexer als die Architektenarbeit.» Die Herausforderung für die Architekten habe darin bestanden, trotz begrenzter Finanzmittel ein möglichst elegantes und schlankes Projekt zu entwickeln. «Dies erforderte direkte Konstruktionsgespräche mit den verschiedenen Unternehmern, die sich hervorragend koordiniert haben.»

Was lange währt, wird endlich gut 
Lange haben die Eisenbahnfans auf diesen Moment gewartet. Es gab verschiedene Gründe für die Verzögerungen. «Abgesehen von aufwendigen Arbeiten an Lok und Einstellhalle schritten auch die Verhandlungen zwar voran, dauerten aber immer wieder viel länger als erwartet. Nicht für alle Verhandlungspartner waren die Fortschritte gleich wichtig wie für uns», fasst Ruedi Huber, Präsident des Vereins Oerlikon Industriegeschichten, zusammen. «Wir freuen uns sehr, dass die langjährigen Hoffnungen Realität geworden sind und dass die Lok nun endlich angekommen ist. Erfreuliche Ironie des Schicksals ist, dass die ausgedehnte Projektzeit dazu führte, dass unser Exemplar genau dieses Jahr sein 100-Jahre-Jubiläum feiert.» Andererseits hätten die Verzögerungen leider nicht budgetierte Kosten verursacht, für die es nun nochmals einige Fans und Sponsoren zu finden gilt. Die Idee, die Loki als Industriedenkmal zurück nach Oerlikon zu bringen, stammt von Thorsten Künnemann, heute Direktor des Technoramas in Winterthur. Er gründete den Verein Oerlikon Industriegeschichten. 
Die Gotthard-Lokomotive Krokodil ist eine Ikone der Schweizer Ingenieurskunst. Gebaut wurde sie von der Maschinenfabrik Oerlikon und der Schweizerischen Lokomotivfabrik in Winterthur. Sie ist ein Kind des 1. Weltkriegs. Als die Kohle knapp wurde, entschieden die SBB, als Erstes die Gotthardlinie mit Einphasenwechselstrom zu elektrifizieren. Die reptilienartige, bewegliche Bauform mit Schnauze, Körper und Schwanz hat zur Legendenbildung beigetragen. Ebenso der Stangenantrieb, der an den Gang eines Tieres erinnert. So erhielt die Lokomotive den Spitznamen Krokodil. (pm.)