Langes Warten auf den Strafbefehl

Erstellt von David Herter |
Zurück

Acht Monate dauerte es, bis ein Hottinger Schuhmacher einen Strafbefehl erhielt. Unschön, aber nicht dramatisch, sagt die Stadtrichterin.

Die Zahl der vom Stadtrichteramt bearbeiteten Strafverfahren hat deutlich zugenommen. Gingen im Jahr 2014 noch 85 000 Polizeirapporte beim Amt ein, waren es im vergangenen Jahr 94 000 Rapporte. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stieg im selben Zeitraum bloss um 200 Stellenprozente auf 5650 Stellenprozente.

Abhängig vom einzelnen Fall
Das Stadtrichteramt urteilt über ein weites Spektrum an Übertretungen und Verstössen. Zu schnelles Fahren gehört ebenso dazu wie sexuelle Belästigungen oder Verstösse gegen das Bundesgesetz gegen Schwarzarbeit oder das Arbeitslosenversicherungsgesetz. Eine Aufstellung darüber, wie lange es durchschnittlich dauert vom Eingang eines Polizeirapportes bis zum Ausstellen eines Strafbefehls, gibt es nicht. «Die Bearbeitungsdauer ist stark abhängig vom einzelnen Fall», sagt die Leitende Stadtrichterin Katharina Graf.

Acht Monate dauerte das Verfahren im Falle eines Hottinger Schuhmachers, der im Juni 2018 widerrechtlich einen Verkaufsständer, zwei Stühle und einen Tisch auf das Trottoir stellte (siehe Seite 5). Den entsprechenden Rapport stellte die Stadtpolizei dem Stadtrichteramt innert einiger Tage zu. Den Strafbefehl erhielt der Schuhmacher aber erst im Februar 2019, als er den Besuch der Polizei schon halb vergessen hatte.

"Mehr Personal ist nicht nötig"

Das Stadtrichteramt bemühe sich, möglichst viele Fälle «zeitnah» zu bearbeiten, sagt Stadtrichterin Graf. Eine Bearbeitungsdauer von acht Monaten sei «nicht schön, aber auch nicht dramatisch». Das Gesetz schreibt eine Bearbeitung innert dreier Jahre vor. Der Aufwand für die Bearbeitung unterscheide sich je nach Komplexität eines Falls stark. Bei häufig vorkommenden Verkehrsregelverletzungen könnten sich Fachleute auf Standardformulierungen abstützen. In aussergewöhnlichen Verfahren hingegen sei viel Zeit für das Rapportstudium sowie die Recherche zu Gesetzesgrundlagen und aktueller Rechtsprechung nötig, sagt die Leitende Stadtrichterin. Auch Abwesenheiten von Spezialisten wirkten sich auf die Bearbeitungsdauer aus.

Obwohl die Fallzahlen stark zugenommen haben, benötigt das Stadtrichteramt laut Graf vorläufig kein zusätzliches Personal. «Der Eingang von aufwendigeren und weniger aufwendigeren Verfahren schwankt stark», sagt Graf. Ausserdem verändere sich der Aufwand mit jeder Änderung von Gesetzen und der Rechtsprechung. «Das ist kaum zu planen.» Vorderhand versuche das Stadtrichteramt, mit den vorhandenen Ressourcen «schlank und effizient» zu arbeiten.