Zahme Zweihöcker zotteln im Zoo

Erstellt von Anna-Sofia Schaller |
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Die fünf Zürcher Kameldamen sind hartnäckige Überlebenskünstlerinnen und sanftmütig noch dazu. Kindern ermöglichen die geselligen Zoobewohnerinnen einen unvergesslichen Ritt durch den Zürcher Zoo. 

In den Wintermonaten machen die Trampeltiere vom Züriberg durch ihr ­dickes, zottiges Fell auf sich aufmerksam. Sobald die Temperaturen steigen, streift das Tier das ausgediente Winterfell stracks wieder ab. Überhaupt ist das Trampeltier ein wahrer Meister in Sachen Anpassung – das zweihöckrige Kamel als Prachtexemplar der Evolution zu bezeichnen, ist keineswegs verfehlt. Kein anderes Säugetier vermag es, sich derart ökonomisch an wechselnde Extrem­temperaturen anzupassen. Wie Pressesprecher Pascal Marty an einem Medienanlass zum Thema erklärt, kann die ­Körpertemperatur des Trampeltiers ­zwischen 34 und 42 Grad variieren. ­Dadurch werden sowohl Wasser als auch Energie eingespart. Dieses rekord­trächtige Anpassungsvermögen des Trampeltiers ist auf lebensfeindliche ­Bedingungen in seinem natürlichen ­Habitat zurückzuführen. In der zentralasiatischen Wüste Gobi sorgen Dürre und grosse Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht für unwirtlichste Verhältnisse. Die Landschaft ist karg, Vegetation und Niederschlag sind rar – das Überleben wird zum wahren Kunststück.

Gelegentlich über 100 Liter trinken

Die Trampeltiere haben aufgerüstet, den überlebenstechnischen Herausforderungen der Wüste begegnen sie mit einem ausgeklügelten Wasserhaushalt. Auch hier ist das Kamel der König der Tiere: Bis zu 100 Litern Wasser kann das Kamel innerhalb von wenigen Minuten trinken. «Im Gegensatz zum Menschen kann das Kamel keine Wasservergiftung erleiden», ergänzt Marty. Grund ist die spezielle ­Beschaffung der roten Blutzellen des Trampeltiers, welche sich bis zu 200 Prozent ausdehnen können. Zur Not kann das Kamel seinen Durst auch mit Salzwasser stillen, da die spezialisierte ­Kamelniere filtertechnische Höchst­leistungen liefern kann. Dies ist unter landlebenden Säugetieren einzigartig.

Durststrecken einer Dauer von 10 bis 15 Tagen kann das Trampeltier im schlimmsten Fall ganz ohne Wasser­zufuhr bewältigen. Obwohl die Höcker wider die weitverbreitete Legende keine Wasser-, sondern Fettspeicher sind, schützen auch sie die Tiere vor dem Verdursten. Wenn Kamele an Fettreserven zehren, sorgt ein Stoffwechselprozess für die Freisetzung von Wasser. So kann pro Gramm Fett je ein zusätzliches Gramm Wasser gewonnen werden. Die fünf Zürcher Trampeltiere sind «Zürichberg-Natives» – 1931, nur zwei Jahre nach der Zooeröffnung, wurden dort schon die ersten Kamele beheimatet. Die Zürcher Kamel-Ladys haben aber durchaus schon etwas von der Aussenwelt gesehen, zumal sie regelmässig amSechseläuten-Umzug mitstolzieren.

Die Kamele im Zoo Zürich gehören der Gattung der Hauskamele an. In Zentralasien werden diese als Nutztiere verwendet. Sowohl Wolle als auch das Fleisch stehen hoch im Kurs. Das domestizierte Trampeltier ist die einzige in Zoos gehaltene Kamelart – in freier Wildbahn sind die Kamele bedauerlich selten anzutreffen, wie Pascal Marty betont. Heute zählt der Bestand knapp 900 Tiere. Ob es Bemühungen gäbe, die Population wieder aufzubauen? Auf die Frage eines Journalisten erwidert Marty, dass die lokalen Regierungen für den Artenschutz zuständig sind. Er lässt durchblicken, dass ­derzeit keine Efforts zum Kamelschutz betrieben werden.