Lichter sollen Chaos mindern

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Neu entwickelte und im Trottoir versenkte LED-Lampen, die fallweise weiss oder orange leuchten, sollen bei der VBZ-Haltestelle Hardbrücke das Chaos zwischen Fussgängern und Velofahrern entschärfen. «Zürich West» war an einem Test dabei.

Lokaltermin auf der Hardbrücke: Elektroingenieur Jürg Christen ist sichtlich zufrieden. Das von ihm mitentwickelte Verkehrsleitsystem für Fussgänger und Velofahrer funktioniert heute tadellos. Auf der rund 70 Meter langen Haltestelle Hardbrücke sind im Abstand von etwa 30 cm bis zu einem halben Meter LED-Lampen im Boden versenkt. Diese Bodenampeln sollen ab dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember das mögliche Chaos zwischen Velofahrern und öV-Passagieren regeln. Wenn ein Bus oder ein Tram die Haltestelle ansteuert, zeigen die Bodenampeln an, wo genau das Fahrzeug zum Stehen kommt. Zudem wechseln die für die Velofahrer primär sichtbaren LED-Lampen von Weiss auf Orange.

Kein Verbot, nur ein Hinweis

Christen: «Damit werden die Velofahrer aufgefordert, anzuhalten oder zumindest ganz langsam zu fahren.» Eine rechtliche Verpflichtung gebe es durch die Signalisation aber nicht. «Darum sind die LED-Leuchten auch orange und nicht rot», so der Mitarbeiter der städtischen Dienstabteilung Verkehr. Gesteuert wird die schweizweit einzigartige Anlage durch zwei thermische Kameras, die auf Bewegungen von Tram und Bus reagieren. «Damit das System nach Wegfahrt der Fahrzeuge sicher wieder umschaltet, sind zusätzlich Sensoren im Strassenbelag eingelassen», ergänzt Christen. So sei gewährleistet, dass das Leit-
system korrekt und rasch funktioniere. Ob und wie sich damit der Mischverkehr Fussgänger/Velofahrer an einer der stadtweit am stärksten frequentierten VBZ-Haltestellen ordnen lässt, wird sich zeigen.

Kritik von Pro Velo

Pro Velo äusserte sich schon im Sommer kritisch. Geschäftsführer Dave Durner befand gegenüber dem «TagesAnzeiger», man habe die Veloführung bei der Haltestelle Hardbrücke «völlig versiebt». Er hält nichts von Mischzonen und bezweifelt, dass das System funktionieren wird. Jürg Christen hingegen glaubt an den Erfolg, wenngleich ihm auch lieber wäre, wenn es hier keinen Mischverkehr gäbe. «Das auffällige Leitsystem ist sicher zielgerichteter als irgendwelche Schilder und Verkehrstafeln». Untersuchungen hätten ergeben, dass Hinweise auf Bodenhöhe von Fussgängern wie auch von Velofahrern am besten wahrgenommen würden.

Zu grosse Ablenkung?

Das Thema Mischverkehr könnte durch ein weiteres Problem noch verschärft werden. Denn seit kurzem stehen bei den Haltestellen auf engstem Raum vier etwa zwei Meter hohe Infostelen, welche die Sicht der Velofahrer auf die wartenden Fussgänger massiv beeinträchtigen. Mediensprecher Heiko Ciceri räumt auf Anfrage ein, dass aus Gründen der Verkehrssicherheit keine Infostelen sicherlich wünschenswert wären. Immerhin seien es Infostelen, in welche (Papier-) Fahrplanauszüge gehängt würden, nicht um weitaus mehr störende Reklamemonitore. Ciceri: «Wir erachten die Sichteinschränkungen durch diese Stelen aus heutiger Sicht nicht als dermassen gravierend, dass wir von einer grossen zusätzlichen Unfallgefahr ausgehen.» Zudem seien die Tempi der Velos gerade beim Ein-/Aussteigevorgang geringer – bei genügender gegenseitiger Rücksichtnahme.

Ciceri gibt aber zu, dass die Dienstabteilung Verkehr diese Situation nach Aufnahme des Trambetriebs im Auge behalten muss. «Inwiefern sich diese Stelen allenfalls auf die Verkehrssicherheit auswirken, wird sich so oder so erst in der Praxis zeigen. Dies werden wir selbstverständlich beobachten und gegebenenfalls Massnahmen anregen, sollte es wirklich zu Problemen kommen», erklärt der Mediensprecher. Ab Fahrplanwechsel am 10. Dezember, wenn erstmals das 8er-Tram über die Hardbrücke kurvt, wird man mehr wissen. (Lorenz Steinmann, Text und Foto)