Mediterraner Rekordwinter in der Schweiz

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Dieser Winter war rund 3 bis 4 Grad zu warm. Mit nur 37 Frosttagen gehört er zu den drei frost-ärmsten seit Messbeginn.

Der meteorologische Winter dauerte in diesem Jahr länger als üblich, nämlich bis zum 29. Februar. Grund dafür war aber nicht die Witterung, sondern der Kalender, welcher 2020 wieder ein Schaltjahr vorsieht.

In der Meteorologie zählen die Monate Dezember, Januar und Februar zum Winter. Damit blickt die Schweiz auf den wärmsten Winter seit mindestens Mitte des 20. Jahrhunderts zurück. Die vergangenen drei Monate (Dezember bis Februar) fühlten sich mit durchschnittlich 4,2 Grad in Zürich eher wie ein Vorfrühling und weniger wie ein richtiger Winter an. Verglichen mit der Referenzperiode 1961 bis 1990 war der Winter 2019/20 rund vier Grad übertemperiert.

Wenig Heizleistung nötig

Selbst im Vergleich mit den letzten 30 Jahren war der zu Ende gegangene Winter knapp drei Grad zu mild. Damit setzt er neue Massstäbe und gehört in die Kategorie «mediterrane Mildwinter». So waren die Winter der Jahre 1961 bis 1990 in Locarno mit gemittelt 3,5 Grad sogar kühler als der Zürcher Winter 2019/20. Ähnlich mild wie der diesjährige Rekordwinter in Zürich waren die durchschnittlichen Winter der 60er-, 70er- und 80er-Jahre in Rimini (Italien). Das mediterrane Winterklima zeigt sich auch in der Summe der Heizgradtage – einem Mass für die zu erbringende Heizleistung. Noch nie musste in einem Zürcher Winter weniger geheizt werden als im diesjährigen Winter. Zusammen mit den Wintern 2006/07 und 2015/16 gehört der diesjährige Winter zu jenen mit weniger als 1500 Heizgradtagen. Neue Rekorde gab es diesen Winter mit 7,4 Grad auch bei der durchschnittlichen Tageshöchsttemperatur, erwartungsgemäss steigen die Wintertemperaturen tagsüber auf 3,6 Grad.

Milde Nächte
Auch in den Nächten blieb es ungewöhnlich mild. Mit 37 Frosttagen gehört der Winter zu den frostärmsten seit Messbeginn. Weniger Frost gab es lediglich in den Wintern 1993/94 und 2015/16 mit 33 respektive 34 Frosttagen. Das ist rund ein Viertel weniger als in extrem kalten Wintern. 1992/63, während des letzten Winters mit Seegfrörni, wurden in Zürich 83 Frosttage registriert, 1923/24 waren es sogar 85 Frosttage in Zürich. In diesen Eiswintern gab es auch bis zu 46 Eistage mit Dauerfrost. Solch eisige Tage gab es in diesem Jahr nie flächendeckend in der Schweiz.

Die Kältesumme

Eine Handvoll Eistage (4) gab es in Zürich während kurzen Inversionslagen mit zähem Hochnebel. Oberhalb des Hochnebels war es aber gleichzeitig sehr mild. Ähnlich wenige Eistage gab es bisher nur in den Wintern 2013/14 und 2015/16. An der eisfreien Spitze dieser Rangliste liegt der Winter 1974/75 mit lediglich einem einzigen Eistag.

Ein repräsentativer Indikator für die Härte eines Winters ist die Kältesumme. Dabei werden die Tagesmitteltemperaturen jener Tage zusammengezählt, an denen diese null Grad oder kälter sind. Je höher der Wert, desto milder – also weniger hart der Winter. Der diesjährige Winter zählt 14 Tage mit einer Tagesmitteltemperatur unter null Grad. Die Kältesumme beläuft sich auf -19 Grad. Das ist der vierthöchste Wert. In den Wintern 2013/14 und 2015/16 belief sich die Kältesumme auf -13, 1974/75 sogar nur auf -9. Er markiert den nach wie vor zahmsten Winter in der Messreihe. Den härtesten Winter erlebte Zürich 1962/63 mit einer Kältesumme von -460. Weniger auffällig reiht sich der Winter 2019/20 in Sachen Niederschlag in die Wetterannalen ein. Nachdem die Monate Dezember und Januar sehr trocken über die Wetterbühne gingen, war der Februar verbreitet sehr nass. Unter dem Strich brachte der diesjährige Winter mit 200 mm somit in etwa normale Niederschlagsmengen. Mehr als doppelt so viel Regen und Schnee brachte der Winter 1969/60 mit 430 mm. Weniger als die Hälfte der diesjährigen Summe brachte der Winter 1963/64 mit nur 60 mm. Auch der Winter 2016/17 war mit lediglich 66 mm in der jüngeren Vergangenheit sehr trocken.

Ausgesprochen sonnig
Wieder nahe an den Rekordwerten war der Winter 2019/20 in Sachen Sonnenschein. Die Wintersonne zeigte sich während 280 Stunden in der Limmatstadt. Sonniger war seit Beginn des 20. Jahrhunderts nur der Winter 2007/08. Sehr sonnige Winter traten in den letzten Jahren häufiger auf. So gehören auch die Winter 2013/14 und 2018/19 zu den sonnigsten in der Messreihe. Dass Winter auch sehr trüb sein können, zeigte sich 1903/04 und 1969/70. Damals schien die Wintersonne nur 80 Stunden lang in Zürich. Hauptgrund dafür waren häufige Nebellagen. Nebel gab es im diesjährigen Winter 2019/20 kaum. Das zeigt sich auch in den nur gerade 38 trüben Tagen, die der diesjährige Winter in Zürich brachte. So wenige wie noch nie. Auch in dieser Hinsicht war der Winter 2019/20 ein Rekordwinter. (Silvan Rosser)