Meilensteine und Baustellen rund um die «Zurich»

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Die Erfolgsstory geht auch nach 115 Jahren Firmensitz in der Enge weiter. Die Zurich Versicherung investiert viel in ihren «neuen» Hauptsitz am Mythenquai. Unklar ist, wie sich die archäologischen Funde auf den Zeitplan auswirken.

Mit dem Projekt «Quai Zurich» zeigt der Konzern, quasi als Hommage, seine Verbundenheit zur Stadt und zu deren Einwohnern. Seit 115 Jahren hat die Zurich-Versicherungs-Gesellschaft AG ihren Hauptsitz am Mythenquai. Nun wird nach Plänen des Wiener Architekten Adolf Krischanitz den drei bestehenden Gebäuden ein neues hinzugefügt.

Temporär in Wiedikon
Vor dem offiziellen Spatenstich informierte Hans-Peter Bissegger kürzlich als Verantwortlicher für das sechsköpfige Projektteam über den Stand und den Generalplan für das neue Gebäude. Der Gestaltungsplan wurde 2015 vom Gemeinderat einstimmig gutgeheissen und die Baubewilligung im Frühling 2016 erteilt. Der Konzernsitz musste auf Zeit an die Austrasse in Wiedikon verlegt werden. Am 1. Mai 2017 wurde der Auftrag dem Bauunternehmer Implenia übergeben, der seitdem mit dem Aushub, weiteren Abbrüchen und den Neu- und Umbauten beschäftigt ist.

Pfahlbausiedlung gefunden

Die denkmalgeschützten drei Gebäude: Das Hauptgebäude aus dem Jahr 1901 sowie das Hofgebäude (1923) sind kantonal geschützt, und das Vista-Gebäude untersteht der städtischem Denkmalpflege. Voraussichtlich werden die Arbeiten zweieinhalb Jahre in Anspruch nehmen, und der neugestaltete Hauptsitz sollte im zweiten Quartal 2020 eröffnet werden können. Es liegen sicher noch einige Unwegsamkeiten im Wege, wie die Freilegung der Überreste einer 3000 bis 5000 Jahre alten Pfahlbausiedlung, die gefunden wurden und die eine eventuelle Verzögerung bedeuten könnten. Die Ehre des Spatenstichs wurde Stadtpräsidentin Corine Mauch, Stadtrat André Odermatt (Vorsteher Hochbaudepartement), Architekt Adolf Krischanitz, Mario Greco (Group Chief Excecutive Officer der Zurich Insurance Group Ltd.), Hans-Peter Bissegger (Head Quai Zurich Project), Anton Affentranger (CEO Implenia) und Kristof Terryn (COO der Zurich) zuteil. Traditionell wurde eine Zeitkapsel, in diesem Fall eine veritable Truhe, ins Fundament eingegraben: Pläne des Objekts, Baubewilligung, Münzen, gute Wünsche der Stadt und der «Zurich» und Visualisierungskarten mit Wünschen der Mitarbeiter für eine unfallfreie Realisierung.

Bauopfer gegen böse Geister

Anschliessend machten die Beteiligten von Politik und Wirtschaft ihre Anmerkungen. Mario Greco als CEO wies darauf hin, dass die Versicherungsbranche einen sicheren Pfeiler in der Geschichte der Wirtschaft darstelle, und dass durch die Grundsteinlegung zum Um- und Neubau ihre bedeutende Rolle in Zürich noch gefestigt und ausgebaut werde.
Stadtrat Odermatt bezeugte die Behördenbereitschaft für das Projekt «Quai Zurich» und bedankte sich im Namen des Stadtrats. Stadtpräsidentin Mauch freute sich über die Verbundenheit von Wirtschaft und Kultur. Auch lobte sie die neuen Begegnungsräume, die entstehen werden. Sie ist überzeugt, dass durch dieses Projekt das Mythenquai an Attraktivität gewinnen wird, national und international. Anton Affentranger meinte, dass mit der traditionellen Grundsteinlegung ein Bauopfer gebracht wird, um böse Geister abzuwehren. Er bedankte sich speziell bei allen involvierten Mitarbeitern.

Prägendes Bild für die Enge
Architekt Adolf Krischanitz, der schon mit dem smaragdgrünen Neubau des Museums Rietberg für Aufsehen gesorgt hatte, wird mit dem Neubau der «Zurich» das Bild des Engequartiers prägen. Er wird ein homogenes Bild der Einzelbauten schaffen. Um die drei bestehenden Gebäude wird ein U-förmiges Gebäude angelegt. Von der Seeseite her wird es an zwei Türmen zu erkennen sein. Die Türme werden mit prismatisch geformten Glaselementen versehen. «Sie stiften eine neue Identität und lösen unsere hohen Ansprüche an Transparenz und Dichte ein», so Krischanitz.

Der Neubau wird 25 Meter hoch sein, 5 Meter höher als die inventarisierten Altbauten. Diese geplante Verdichtung erfolgte in Absprache mit der Stadt. Krischanitz war als Sieger aus einem internationalen Wettbewerb hervorgegangen und wird die Kriterien der 2000-Watt-Gesellschaft erfüllen. Die Gebäude werden mit Seewasser geheizt und gekühlt. Das 10000 Quadratmeter umfassende Areal ist oberirdisch autofrei. Öffentliche Erdgeschossflächen und Innenhöfe mit einem Café sollen das Quartier beleben. Die rund 1100 Mitarbeitenden werden in offenen Büroräumen untergebracht, wobei alle Mitarbeitenden den jeweiligen Arbeitsplatz morgens selbst wählen können. Wer ohne Auto zur Arbeit erscheint, bekommt dafür einen kleinen finanziellen Zustupf. Die Anzahl der Parkplätze in der Tiefgarage wurde von 85 auf 43 reduziert. Auch stehen 150 Velostandplätze zur Verfügung, statt bisher nur deren 50.

Spezialinfos für die Anwohner
Nach der Grundsteinlegung wurde die Nachbarschaft durch die Verantwortlichen der «Zurich» und der «Implenia» zu einem Anlass eingeladen, um sie über den aktuellen Stand des Projekts und die bisherigen Meilensteine zu informieren. Jürg Gerber, stellvertretender Projektleiter der Implenia, erzählte von der Herausforderung in den alten Gebäuden, zum Beispiel die Parkettböden zu entfernen, die dann saniert und wieder eingebaut werden, da die Gebäude nicht vollständig ausgekernt wurden – ganz nach den Vorgaben der Denkmalpflege. Er informierte über Termine und die aufwendige Logistik; es gibt kaum Platz für die Unterbringung von Material und Container. Er erläuterte das Geschäftsmodell mit seiner Nachhaltigkeit, die Nutzung für die Öffentlichkeit wie Café und Innenhöfe, das Auditorium, nutzbar für Externe, und Projektdaten über Bestands- und Neubauten.

Vier archäologische Felder

Es wurden vier archäologische Felder gefunden. Helena Werren, stellvertretende wissenschaftliche Archäologin und Grabungsleiterin beim Amt für Städtebau, gab einen informativen Überblick, was bereits gefunden wurde und was eventuell noch zu erwarten sei. In den vier Feldern wurden seltene Zeitzeugen aus der Pfahlbauerzeit, die dank der Aufschüttung des Sees glücklicherweise erhalten blieben, entdeckt.

Bis heute wurden Artefakte aus drei Steinzeitstufen ausgegraben: Pfyn 3700 v. Chr., Horgen 3000 v. Chr. und Schnurkeramik 2700 v. Chr. Gefunden wurden beim Abbau der Kulturschichten: Steinbeile, Keramik-Fragmente, Schleifsteine sowie Nahrungsresten (Haselnüsse und Eicheln). Erwartet werden bei weiteren Grabungen eventuell Dörfer aus Pfahlbauten. Am Schluss erläuterte Hans-Peter Bissegger anhand des Holzmodells (Massstab 1:50) das gesamte Projekt. Dass es kaum Fragen aus dem Publikum gab, zeigt, wie umfassend und offen informiert wurde. (Jeannette Gerber)