Schweizer Gemüse und Beeren werden seit Jahren in grünen Ifco-Kisten geerntet, transportiert und im Laden verkauft. Nun stellt Migros auf schwarz um. Das ärgert Lieferanten. Sie rechnen mit Mehraufwand, der ihnen niemand bezahlt.
Sie kommt in ganz Europa herum, von Sizilien bis zum Nordkap und von Portugal bis nach Griechenland. Manchmal reist sie sogar mit dem Schiff in noch fernere Länder. Nach jedem Trip wird sie intensiv gewaschen, desinfiziert und bereitgemacht für die nächste Reise.
Normalsterbliche kennen die grüne Ifco-Kiste von der Obst- und Gemüseauslage beispielsweise in Migros und Coop. Die praktische, zusammenklappbare Plastikkiste trifft man auch in manchem privaten Keller an. Doch eigentlich ist das illegal. Und stillstehen sollte sie sowieso nicht, denn nur wenn sie dauernd in Bewegung ist funktioniert das Geschäftsmodell von Ifco, dem weltweit bedeutendsten Anbieter von Mehrwegverpackungen im Frischebereich. Hinter dem unauffälligen Kistchen steht eben viel mehr als man so denkt, wenn man in der Frischprodukteabteilung nach einem Salat oder einem Apfel greift.
Das Pfand muss wandern
Das System funktioniert so: Der Gemüsegärtner beispielsweise bestellt bei Ifco so viele Kisten, wie er für den Transport seiner Kopfsalate, Gurken oder was gerade so Saison hat, braucht. Der Camion liefert die Kisten bis zum Gemüsebaubetrieb, der dafür eine Mietgebühr von je nach Kistengrösse durchschnittlich 90 Rappen sowie ein Pfand von 1.50 Franken pro Kiste bezahlen muss. Das Pfand wandert jeweils mit der Kiste mit und wird immer beim nächsten Abnehmer der Kiste eingefordert. Ist die Ware am Verkaufspunkt ausgeliefert, holt der LKW die leeren Kisten wieder ab und fährt sie retour zur erneuten Reinigung in die Waschanlage, das Pfand wird ein letztes Mal zurückerstattet.
"Das Pfand ist immer ein Nullsummenspiel", erklärt Stefan Geiger, Geschäftsführer von Ifco Schweiz. Es sorgt dafür, dass die Kisten im System bleiben. Dieses schreibt den Kunden zudem vor, dass das Gebinde nur einmal verwendet werden darf. "Nur so können wir garantieren, dass die hohen Hygiene-Anforderungen erfüllt werden", erklärt Geiger.
Seine Firma lebt von der erhobenen Mietgebühr. Sie ist ein ewiger Streitpunkt bei den Bauern, viele betrachten sie als zu hoch. Doch Geiger winkt ab: "Sie lassen ausser Acht, dass damit die Kosten für das Waschen, den Transport und letztlich auch für den Ersatz defekter Kisten bezahlt werden muss". Geiger schätzt, dass ein Gebinde bis zu 60 Mal frisch aufbereitet wird, ehe es defekt aus dem System fällt. Doch auch dann ist es nicht verloren: Der Plastik wird geschreddert und zu neuen Kisten verarbeitet. Geiger ist deshalb überzeugt: "Die Ifco-Mehrweggebinde weisen eine deutlich bessere Ökobilanz auf als Einweggebinde aus Holz oder Karton".
"Edlere Farbwirkung von Früchten und Gemüse"
Im Grossen und Ganzen habe sich das Gebinde-System in der Schweiz bewährt, sagt Geiger. "Ältere Landwirte erinnern sich noch an Zeiten, als mitten in der Ernte plötzlich Kisten ausgingen, oder nur noch schmutzige Exemplare vorhanden waren". Lieferengpässe waren die Folge. Diese Zeiten seien dank den Ifco-Kisten vorbei, sagt Geiger. Die Mehrweggebinde sind mittlerweile fest in die Logistik-Abläufe von Beeren-, Obst- und Gemüseproduzenten integriert. Alle haben sich an die praktischen grünen Kisten gewöhnt. Doch nun stehen vermeintlich tiefgreifende Änderungen ins Haus: Der Grossverteiler Migros nimmt ab Juni von seinen Lieferanten nur noch schwarze anstatt grüne Ifco-Gebinde entgegen. Der Entscheid sorgt für rote Köpfe.
Der Wechsel von grün auf schwarz beruht vor allem auf Marketing-Überlegungen: Beim Farbentscheid stehe primär die edlere Farbwirkung von Früchten und Gemüse mit schwarzem Hintergrund sowie die bessere Kombinierbarkeit mit den bestehenden Warenträgern und Ladenlayouts im Vordergrund, begründet Migros in einem Schreiben gegenüber seinen Lieferanten den Entscheid. Das schwarze Ifco-Gebinde kommt zudem mit neuer Technologie daher, ist leichter und lässt sich effizienter stapeln.
"Deshalb können Lastwagenfahrten und damit CO2 eingespart werden", schreibt Migros-Sprecher Patrick Stöpper auf Anfrage. Vor allem in der Übergangsphase bedeutet die Einführung des neuen Gebindes aber für alle Beteiligten Mehrarbeit. "Für Ifco verdoppelt sich die Anzahl geführten Kistentypen damit auf einen Schlag von bisher zehn auf zwanzig," erklärt Geiger. Das sei zwar eine Herausforderung aber mit gewissen Anpassungen in den Abläufen machbar. Bisher sei man in der Schweiz einfach in der komfortablen Situation gewesen, dass sich alle mit der einen Farbe arrangiert hatten. Im Ausland seien verschiedene Farben aber schon seit längerem völlig normal, sagt er.
Zwei Systeme - doppelter Aufwand
Für die betroffenen Gemüseproduzenten ist das nur Augenwischerei. Für sie ist klar, dass der Aufwand mit parallel betriebenen Kistensystemen steigt. Sie ärgern sich zudem über die von Ifco vorgenommene massive Erhöhung des Pfands von 1.50 auf 3.80 Franken pro Kiste der neuen Generation. "Diese Anpassung war längstens fällig, weil dieser Betrag eher den tatsächlichen Wert einer Ifco-Kiste wiederspiegelt", erklärt Geiger. Die Miete bleibe dafür gleich hoch wie bisher. Für einen Camion mit 33 Paletten Schwarzen Ifco-Kisten kostet das mit Pfand trotzdem beachtliche 90 000 Franken. Dieses Geld muss zuerst einmal vorhanden sein.
Geiger ist sich bewusst, dass ein Gemüsebau- oder Beerenbetrieb viel Kapital in den Kisten binden müsse. Doch mit einer effizienten Kistenpool-Bewirtschaftung sei das machbar, findet er. Für die betroffenen Betriebe ist klar, dass die Umstellung Kosten verursachen wird. Aus der Vergangenheit wissen sie auch, dass sie solche Mehrkosten vom Handel nicht bezahlt erhalten. Deshalb machen viele die Faust im Sack oder wie es ein betroffener Gemüsegärtner ausdrückt: "Nerve dich nicht über Dinge, die du sowieso nicht ändern kannst." (Text: David Eppenberger / LID.)