Die Stadt hält die Siedlung Neudorfstrasse in Oerlikon nicht für schützenswert. Das ganze Gebiet könnte mit sechsgeschossigen Gebäuden überbaut werden. Einige Eigentümer sehen dies anders.
An der Neudorfstrasse zwischen Hallenstadion und Sternen Oerlikon gibt es noch einige Arbeiterhäuser aus den 1920er-Jahren. Die meisten von ihnen sind vom Unternehmer Spaltenstein erstellt worden. Zwei Eigentümer setzten sich für einen Erhalt des Ortsbildes ein. Sie stellten Anfang Jahr beim Stadtrat ein Gesuch um Entscheid über Schutzwürdigkeit. Doch nun verzichtet der Stadtrat, wie vergangene Woche im «Tagblatt der Stadt Zürich» veröffentlicht, auf eine Unterschutzstellung.
«Arbeitersiedlung nicht überragend»
Die Siedlung Neudorfstrasse ist nicht im Inventar der kunst- und kulturhistorischen Schutzobjekte von kommunaler Bedeutung aufgeführt. Verschiedene Eigentümer haben auch Veränderungen an ihren Liegenschaften vorgenommen, vor allem wurde der Dachstock mehrerer Häuser ausgebaut. Trotzdem setzt sich Eigentümerin Doris Calegari – sie ist in der Siedlung aufgewachsen – für den Erhalt der Siedlung ein. Ihr zweistöckiges Haus mit grossem Garten stammt aus dem Jahr 1928. Sie schätzt die Siedlung, den Garten und die Ruhe. «Die architektonische Einheit soll bewahrt werden», teilte sie «Zürich Nord» mit.
«Wie immer in solchen Fällen wurde eine sorgfältige Interessenabwägung vorgenommen», hält das Hochbaudepartment der Stadt Zürich auf Anfrage fest. Diese habe ergeben, dass die folgenden öffentlichen und privaten Interessen höher zu gewichten sind als das öffentliche Interesse an einer Erhaltung der von den Fachleuten nicht als überragend eingestuften Arbeitersiedlung: «Mit dem Verzicht auf Unterschutzstellung wird ein wichtiger Beitrag geleistet zu den raumplanerischen Vorgaben der Siedlungsentwicklung nach innen (Verdichtung) und damit zum öffentlichen Interesse einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Das Gebiet im Zentrum von Oerlikon ist in der neuen BZO 2016 mit einer sechsgeschossigen Wohnzone (W6) belegt (vorgängig W5) und damit massiv unternutzt.»
Und weiter: «Eine Unterschutzstellung würde wichtige Ausnutzungsreserven an zentraler Lage in einer sich schnell entwickelnden Umgebung blockieren.»
Werteinbussen für Eigentümer
Zudem sei geprüft worden, welche Werteinbusse die Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer bei einer Unterschutzstellung in Kauf nehmen müssten und ob dies Entschädigungspflichten nach sich ziehen würde. «Gemäss Prüfung besteht ein erhöhtes Risiko, dass eine Entschädigung von etwa 11 Millionen Franken seitens der Stadt geleistet werden müsste. Dieser Betrag würde die städtischen Finanzen stark belasten. Es liegt nicht im öffentlichen Interesse, für den Verlust der Möglichkeit einer zonenkonformen Überbauung mit hohem Verdichtungspotenzial 11 Millionen Franken zu bezahlen.»
Noch ist die Rekursfrist gegen den Entscheid des Stadtrats nicht abgelaufen. Ob sie sich wehren, haben die Befürworter der Unterschutzstellung der Siedlung noch nicht entschieden. Sie wollen sich diese Woche treffenund dies besprechen. (pm.)
Zürcher HeimatschutzDer Zürcher Heimatschutz hat gegen die Revision der Bau- und Zonenordnung, die sogenannte BZO 2016, rekurriert. Er stellt infrage, ob die BZO 2016 vor allem das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder ISOS der Schweiz genügend berücksichtigt. Die Stadt Zürich hingegen ist der Meinung, unter anderem mit einer Erweiterung beziehungsweise Detaillierung der Kernzonen und einem sorgfältig geführten kommunalen Inventar den denkmalpflegerischen Aspekten und damit auch dem ISOS ausreichend Rechnung zu tragen, wie sie kürzlich mitteilte. Insgesamt sind gegen die BZO-Revision nur 32 Rekurse eingegangen. (pm.)