Im neuen Gefängnis Zürich West werden ab April erste Gesetzesbrecher inhaftiert. Noch werden für den kolossalen Knast aber Aufseher gesucht – ebenso wie freiwillige Häftlinge.
Nach 20 Jahren Planung und 4,5 Jahren Bauzeit ist das neue Polizei- und Justizzentrum Zürich PJZ auf dem einstigen Güterbahnhof-Areal indes bezugsbereit. Nachdem die Schlüsselübergabe für das neue PJZ bereits Mitte Januar erfolgte, ist nun auch das neue Gefängnis Zürich West, das Teil des PJZ-Neubaus ist, bereit, in Betrieb genommen zu werden. Erste Gesetzesbrecher sollen ab dem 4. April im neuen Gefängnis inhaftiert werden. Dieses wird künftig hauptsächlich für Untersuchungs- sowie Polizeihaft – sprich für vorläufige Festnahmen – genutzt. Die Verlegung bestehender Häftlingen aus dem Propog, dem provisorischen Polizeigefängnis, ins neue Gefängnis Zürich West ist dabei nicht vorgesehen, erklärt Marc Eiermann, Leiter des Gefängnisses Zürich West, auf Anfrage von Lokalinfo.
Zellen für 241 Gefängnisinsassen
Das neue Gefängnis Zürich West verfügt über 241 Haftplätze. 117 für Untersuchungshäftlinge. Weitere 124 Einzelzellen stehen der Polizei für vorläufig Festgenommene zur Verfügung. Es ersetzt das Propog auf dem Kasernenareal, das derzeit noch von der Kantonspolizei Zürich betrieben wird. Mit dem Bezug des neuen Gefängnisses ändert sich auch die Betreiberin. Für den Zuständigkeitswechsel hat der Regierungsrat dem Kantonsrat eine Änderung des Polizeiorganisationsgesetzes beantragt. Der Regierungsrat wird damit ermächtigt, den Betrieb von Polizeigefängnissen einer anderen Verwaltungseinheit zu übertragen. Diese Gesetzesänderung wurde bereits am 4. Oktober 2021 vom Kantonsrat beschlossen. Da indes die 100-Tage-Frist, um gegen den Beschluss ein Referendum zu ergreifen, abgelaufen ist, trat die Änderung derweil in Kraft. Neue Betreiberin des im PJZ untergebrachten Gefängnisses Zürich West ist nun die Abteilung Untersuchungsgefängnisse Zürich von Justizvollzug und Wiedereingliederung der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich.
Die Kosten für das kolossale Kompetenzzentrum für die Bekämpfung der Kriminalität belaufen sich auf 759,9 Millionen Franken – der Erwerb des PJK-Grundstücks eingeschlossen. Im 33 558 Quadratmeter grossen PJZ-Neubau, mit seinen 4000 Türen und 3500 verbauten Fenstern, werden die Einheiten von Polizei und Justiz zusammengezogen. Nebst dem neuen Gefängnis ist im Verwaltungsgebäude der Polizei und der Justiz auch die Strafverfolgung, das Forensische Institut der Polizeiwissenschaften sowie die Polizeischule untergebracht.
«Freiwillige Insassen» gesucht
Rund 2030 Angestellte werden im PJZ beschäftigt – über 140 davon im neuen Gefängnis. Bereits im Oktober 2020 schrieb der Kanton Zürich diesbezüglich 100 Stellen aus, um geeignete Gefängnisaufseher zu rekrutieren. Die Resonanz war gross: 808 Bewerbungen gingen ein. 70 Prozent der Stellen waren schon vergangenen Sommer besetzt. Noch dauert der Rekrutierungsprozess an. «Zwölf Stellen müssen noch besetzt werden», so Eiermann. Für die Abteilungen Betriebsdisposition, Vorläufige Festnahme und Untersuchungshaft sucht der Kanton noch bis zum 9. Februar per Inserat nach Mitarbeitern für die Arbeit im kolossalen Knast-Neubau. Bevor das «Zürich West» aber den offiziellen Betrieb aufnimmt, findet vom 24. bis 27. März die Probe aufs Exempel statt. Mit «freiwilligen Insassen» wird der Gefängnisbetrieb dann erstmals getestet. Das entsprechende Anmeldeformular wird diesen Freitag auf der Webseite des Kantons aufgeschaltet, so Eiermann.
Das Ende des Propog
Pünktlich zur geplanten, offiziellen Eröffnung des PJZ-Kolosses am 28. Oktober wird die Einsatzzentrale der Polizei im gleichen Monat als letzte Abteilung ihren neuen Arbeitsplatz an der Hohlstrasse 160 beziehen. Der Auszug der Kantonspolizei aus dem Propog besiegelt das Ende einer Ära. Einst wurde es als Notgefängnis mitten in der Stadt errichtet. Über ein Vierteljahrhundert nachdem die Öffentlichkeit im Zuge dessen von der Kasernenwiese verbannt wurde, der offenen Drogenszene in Zürich mit der Letten-Räumung 1995 ein Ende gesetzt wurde, blickt das umstrittene Provisorium, das aufgrund der Haftbedingungen immer wieder in die Kritik geriet, nun seinem eigenen nahenden Ende entgegen.