Über 2000 Personen fordern die Wiedereröffnung des Gasthauses Baldern. Doch für den Besitzer hat das keine Priorität. Dafür können sich Spaziergänger neu an einem mobilen Kiosk verpflegen.
Vor Kurzem hat der Verein «Pro Uetliberg» seine Petition bei der kantonalen Baudirektion eingereicht. Mehr als 2000 Personen haben unterschrieben. Sie fordern, dass das ehemalige Gasthaus Baldern, auf dem Gratweg zwischen Uetliberg und Felsenegg, wiedereröffnet wird. Das historische Berggasthaus an bester Lage steht seit 17 Jahren leer.
Das Haus gehört Charles Roulet, einem Erben des Gründers des Hotels Baur au Lac. Für den «Baldern»- Besitzer ist klar: «Wir konzentrieren uns aktuell auf den Kiosk, den wir am Samstag eröffnet haben. Wenn dieser gut läuft, werden wir weiterschauen.» Eine Renovation des Gasthauses sei sehr teuer, Roulet rechnet mit Investitionen von bis zu sechs Millionen Franken. «Die Petitionäre schlagen leider keine Lösung vor, wie die Sanierung finanziert werden sollte.» Geführt wird der Kiosk von Roulets Schwiegersohn Christoph Hoop. «Wir bieten unter anderem St. Galler Bratwürste, Cervelats, Käseschnitten und im Winter verschiedene Suppen an», zählt er auf. Hinzu kämen Tee, Kaffee, verschiedene andere Getränke, Backwaren, Kuchen und im Sommer Glace. «Das Gold-Bürli darf man nicht vergessen, das gehört natürlich zur Wurst», fügt Hoop an. Der mobile Imbisswagen wird jeweils am Wochenende und an Feiertagen geöffnet sein. «Wir wollen auch im Hinblick auf das Gasthaus Baldern testen, ob ein solches Angebot hier oben funktioniert», sagt Hoop. Eigentlich hätte er gerne schon im Oktober eröffnet, allerdings hatte der Imbisswagen Verspätung. Die Betriebsbewilligung wurde für vorerst fünf Jahre erteilt. Hoop: «Danach schauen wir weiter.»
Das Berghaus Baldern wurde 1930 vom Zürcher Architekten Otto Honegger entworfen. «Das historische Gasthaus ist seit nunmehr 17 Jahren geschlossen», erklärt Anton Monn, Vorstandsmitglied von «Pro Uetliberg». Die Substanz des Gebäudes, das ins Inventar der schutzwürdigen Bauten von kantonaler Bedeutung aufgenommen worden sei, werde mehr und mehr in Mitleidenschaft gezogen. «Es liegt gewissermassen in einem Dornröschenschlaf darnieder, aus dem es ‹wachgeküsst› werden müsste. Ein Märchenprinz ist jedoch nicht in Sicht», bedauert Monn.
Kanton soll sich einsetzen
Die Petition richtet sich einerseits an den Besitzer: Diesen bitten die Petitionäre, die nötigen Vorkehrungen zu treffen, damit das Berggasthaus instand gestellt werde und möglichst bald wieder als Gaststätte dienen könne. Anderseits ersuchen sie den Kanton darum, sich in Zusammenarbeit mit dem Besitzer des Berggasthauses aktiv für die Renovierung und Wiedereröffnung der historischen Gaststätte einzusetzen. Der Hausbesitzer habe zwar in der Vergangenheit mehrmals verlauten lassen, er werde sich des ehemaligen Berghauses annehmen. Monn: «Geschehen ist jedoch leider nichts. Diese triste Ausgangslage, die sich trotz vorgängiger Interventionen nicht veränderte, bewog den Verein ‹Pro Uetliberg›, eine Petition zu lancieren, um Bewegung in die Sache zu bringen.»
Die kantonale Baudirektion bestätigt, die Petition entgegengenommen zu haben. Sie werde sich gegenüber den Petitionären schriftlich dazu äussern. «Der Entscheid, ob überhaupt und allenfalls wann das Gasthaus wieder eröffnet werden soll, liegt allein bei der Eigentümerschaft. Auch die Projektentwicklung ist Sache der Eigentümerschaft», sagt Mediensprecher Markus Pfanner. Doch welche Möglichkeiten hat die Baudirektion überhaupt, einen Privatbesitzer zur Renovation eines Gebäudes sowie zum Betrieb eines Restaurants oder einer Gaststätte zu verpflichten? «Das Gebäude steht im Inventar der überkommunalen Schutzobjekte. Für die Eigentümerschaft besteht eine baupolizeiliche Pflicht zum Unterhalt», führt Pfanner aus. «Zum Betrieb eines Restaurants kann die Eigentümerschaft nicht verpflichtet werden», betont der Mediensprecher.
Ein weiteres Projekt, um das sich «Baldern»-Besitzer Charles Roulet aktuell kümmern muss, entsteht auf dem Areal der Villa Rosau. Entlang der Gotthard- und der Claridenstrasse baut Roulet anstelle von Parkplätzen ein Geschäftshaus, dass die alte Villa Rosau umrahmen soll. Die Villa wird zudem grundlegend saniert. (pw.)
Darum ist das Berghaus schutzwürdig
Das Berggasthaus Baldern ist ins Inventar der überkommunalen Schutzobjekte aufgenommen worden, weil es ein architektonisch hochwertiges und im ursprünglichen Zustand erhaltenes Gasthaus im «sachlichen Heimatstil» sei, erklärt Markus Pfanner von der Baudirektion. Der Begriff «Heimatstil» ist in der Deutschschweiz seit 1910 bekannt. Er mache sich die bürgerliche Sehnsucht nach den eigenen, ländlichen Wurzeln zunutze, so das «Historische Lexikon der Schweiz». «Es gehört zum Spätwerk des angesehenen Zürcher Architekten Otto Honegger, dem Erbauer zahlreicher bemerkenswerter Bankgebäude und Villenbauten im Raum Zürich», sagt Pfanner. Das Gasthaus sei stimmig in die reizvolle Umgebung des Uetlibergrückens eingebettet. Pfanner: «Es ist der letzte noch original erhaltene Zeuge der Uetliberggastronomie vor dem Modernisierungsschub der 1960er Jahre und ist in Bau, Umgebung, Ausbau und Möblierung fast integral erhalten.» (pw.)