Peter Haerle geht - das grosse Missverständnis hat ein Ende

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Die Meldung ist sec abgefasst, birgt aber einiges an Zunder. Laut einer am frühen Donnerstagnachmittag verschickten Mitteilung der Stadt "verlässt Kulturdirektor Peter Haerle die Stadtverwaltung per Januar 2021".  Er werde sich nach gut zehn Amtsjahren beruflich neu ausrichten. Die Stelle wird in den nächsten Tagen ausgeschrieben.

Dann folgt das offizielle Statement der Vorgesetzten: "Stadtpräsidentin Corine Mauch bedauert den Weggang von Peter Haerle und freut sich, die erfolgreiche Zusammenarbeit in den verbleibenden Monaten fortzuführen". Tiefes Bedauern tönt anders. In einem Arbeitszeugnis käme das einem "knapp bestanden" gleich. Damit bestätigt sich der Eindruck, dass Peter Haerle nie in die grossen Fussstapfen seines Vorgängers und Übervaters Jean-Pierre Hoby treten konnte.

Nun hat Haerle (55) die Konsequenzen gezogen. Laut der Medienmitteilung zeichnete Haerle als Kulturdirektor verantwortlich für die Konzeption und Umsetzung dreier städtischer Kulturleitbilder. Einige seiner wichtigsten Projekte dienten der Stärkung der freien Kulturszene, etwa durch eine neue Atelierpolitik, die Einführung neuer Förderinstrumente und die Erhöhung freier Kredite (seit 2012 um rund 4 Millionen Franken), zusätzliche bezahlbare Raumangebote und die Entwicklung eines neuen Fördersystems für die Zürcher Tanz- und Theaterlandschaft. Weitere Schwerpunkte seiner Tätigkeit als Kulturdirektor stützten das Engagement für eine verstärkte kulturelle Teilhabe – für ein Kulturangebot also, das dem gesellschaftlichen Wandel in einer diverser werdenden Stadt vermehrt Rechnung trägt. Auch die Konzeption und Durchführung mehrerer kultureller Grossereignisse (Dada-Jubiläum, Manifesta, Zürich tanzt), die die Kulturstadt Zürich national und international weiter bekannt machten, sowie die (Wieder-)Eröffnung mehrerer Kulturinstitutionen (Tanzhaus, Pavillon Le Corbusier, Zentrum Architektur Zürich, Tonhalle Maag, Junges Literaturlabor JULL, «Einfach Zürich» im Landesmuseum) prägen seine bisherige Amtszeit. Zudem war er massgeblich beteiligt bei bedeutenden Neubesetzungen von künstlerischen Leitungen (u.a. Schauspielhaus, Tonhalle-Orchester, Theater Spektakel).

Die Stelle der Kulturdirektorin oder des Kulturdirektors wird laut dem Stadtrat in den nächsten Tagen öffentlich ausgeschrieben.

Haerle war vor seinem Beamtenjob unter anderem als Journalist tätig. Zuerst als redaktioneller Mitarbeiter des «Echo der Zeit» von Radio DRS, dann während zehn Jahren in diversen Funktionen beim Tages-Anzeiger. Als Mitglied der Chefredaktion, Ressortleiter und Projektleiter hatte er fundiertes Wissen und breite Führungserfahrung erworben, schrieb die Stadt zu Haerles Stellenantritt 2010. Nun hat das grosse Missverständnis ein Ende. (ls.)