Pfarrerin Renata Huonker gibt ihr Amt ab

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Renata Huonker, Pfarrerin der reformierten Kirchgemeinde Oerlikon, wird
im Herbst nach 35 Jahren im Amt pensioniert. Am Sonntag, 9. September, ist der Abschiedsgottesdienst.

Der grosse Garten des Pfarrhauses am Aehrenweg in Oerlikon lädt zum Verweilen ein. 35 Jahre haben Renata Huonker und ihr Ehemann Thomas dort gelebt. Mit dem Rücktritt als Pfarrerin müssen sie das Haus verlassen. «Wir ziehen nach Schwamendingen, wo mein Mann herkommt», erläutert Renata Huonker. Das Haus und der Garten waren immer eine Oase und ein Daheim für das Ehepaar. Aber auch eine Anlaufstelle für viele Menschen in Not. Huonker wird am 7. Oktober dieses Jahres pensioniert. Pension heisst aber nicht, dass sie sich ganz zurückzieht, obwohl sie noch keine konkreten Pläne hat.

Renata Huonker, Sie sind aus dem Bündnerland nach Zürich gekommen. Wie haben Sie diesen Wechsel erlebt?
Die Vielseitigkeit einer Pfarrstelle in Zürich hat mich fasziniert. Ich wurde von der Gemeinde sehr gut aufgenommen und habe mich willkommen gefühlt. Ich schätze den nahen Kontakt zu den Menschen.

Wie wurden Sie als Frau Pfarrerin aufgenommen?
Ich habe dasselbe gemacht wie meine Pfarrkollegen. Auf dem Land war man allerdings offener einer Pfarrerin gegenüber als in der Stadt. Hier fragte man mich manchmal «und Ihre drei Kinder?».

Was macht jede Pfarrerin oder jeder Pfarrer?
Die Grundversorgung umfasst Abdankung, Taufe, Hochzeit, Predigt und Seelsorge. Früher hatte ein Pfarrer sehr viele Abdankungen. Das war anspruchsvoll. Aber auch regelmässig zeitgemässe Predigten zu halten, absorbiert viel Zeit. Ich habe immer Wert auf eine gute Vorbereitung gelegt.

Soziale Fragen haben Sie besonders interessiert?
Ja ich habe mich in der Gesellschaft engagiert – in der Frauen-, Friedens- und Umweltbewegung sowie in den letzten Jahren zunehmend für Traumatisierte und sogenannte Scheininvalide. Ich wollte in sozialen Notlagen da sein.

Haben Sie auch Neues in die reformierte Kirche Oerlikon eingebracht?
Ja, ich habe zum Beispiel die Osternacht neu lanciert. Wichtig waren mir zudem Frauenthemen.

Gab es auch schwierige Zeiten?
Die Zeit zwischen 1986 und 1992 war schwierig. Sie war geprägt von den Drogenabhängigen, auch hier in Oerlikon. Das war eine grosse Belastung.

Es gab sicher auch Highlights?
1984 wurde der 1. Standplatz für Fahrende im Leutschenbach-Quartier eingerichtet. Es bestand Bedarf, sich für die Fahrenden zu engagieren. Die Kirchgemeinden Oerlikon und Seebach setzten sich gemeinsam ein. Ich habe mich zusammen mit meinem Mann, Thomas Huonker, für die Jenischen, Sinti und Roma und später für die Heim- und Verdingkinder oder andere von Zwangsmassnahmen Betroffene engagiert.

Weitere Highlights?
Die Kirchenrenovation zwischen 2006 und 2009 war ein weiteres Highlight. Es gab aber noch viele andere.

Was beschäftigt Sie besonders?
Der starke Rückgang der Reformierten. Die Gemeinde hat vor allem durch demografische Veränderungen 45 Prozent ihrer Mitglieder verloren. Bei meinem Amtseinsatz waren es noch 6800 Mitglieder, heute sind es 3700.

Braucht es heute die Religion noch?
Ja, viele Menschen sind suchend. Sie suchen nach Sinn. Ich hatte immer das Gefühl, gebraucht zu werden. Die reformierte Kirche erhält viel Wohlwollen von der Bevölkerung, auch wenn diese heute anders zusammengesetzt ist als früher.

Wie stehen Sie zur Ökumene?
Ich liebe die Ökumene. Sie ist eine Bereicherung für die Kirche.

Was machen Sie nach der Pension?
Ich könnte mir vorstellen, zu schreiben und Vorträge zu halten. Zudem habe ich mehr Privatleben und kann öfters im Kanton Graubünden sein. (pm.)