Pura Verdura ist nicht nur Gemüse

Erstellt von Karin Steiner |
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Die Gemüsegenossenschaft Pura Verdura startet in die zweite Saison. Unter der Leitung von zwei Gemüsegärtnerinnen bauen rund 130 Mitglieder im Kreis 8 saisonales Gemüse an. Noch werden einige neue Mitglieder gesucht.

Es herrscht eisige Kälte auf dem Balgrist. Die Äcker hinter der Psychiatrischen Uniklinik Zürich (PUK) sind mit einer Schneedecke überzogen und der Boden ist steinhart gefroren. «Bei diesem Wetter können wir nicht ernten», sagt die Gemüsegärtnerin Rahel Fuchs. Deshalb bereitet sie im schützenden Gewächshaus Lagergemüse zu, das die beiden Genossenschafte­rinnen Esther Menet und Gabi Schaub gleichmässig in die 130 bereitgestellten Säcke verteilen, die wöchentlich für die rund 130 Genossenschafterinnen und ­Genossenschafter an sieben Depotstandorten in den Kreisen 7 und 8 zum Abholen bereit stehen.

Start in die zweite Saison

Die Gemüsegenossenschaft Pura Verdura ist noch jung. Alles begann vor wenigen Jahren, als Ian Rothwell nach Witikon zog und feststellte, dass es im Kreis 7 und 8 an einer Gemüsekooperative fehlte. Er war zuvor in der regionalen Hofkooperative «ortoloco» in Dietikon engagiert, aber der Weg dorthin war ihm zu weit geworden. Schnell fanden er und Quartierbewohner Thomas Schenk Gleichgesinnte in der ­Region, die teilweise Erfahrung beim Aufbau der Gemüsegenossenschaft «meh als Gmües» in Zürich Nord mitbrachten, und sie gründeten einen Verein, aus dem im Oktober 2019 die Genossenschaft Pura Verdura entstand. Von der Stadt konnten sie einen Acker oberhalb des Gartenareals Lengg pachten, und die PUK stellte ihnen ein Gewächshaus zur Verfügung, das ­eigentlich abgerissen werden sollte und das Pura Verdura dank Crowdfunding neu bespannen konnte.

Erschwerter Anfang mit Corona

Bald stiess auch Rahel Fuchs dazu. Nach einem Ethnologiestudium und einem Bachelor in sozialer Arbeit liess sie sich zur Gemüsegärtnerin ausbilden. «Corona ­erschwerte uns den Anfang, aber bis Mai 2020 hatten wir die nötigen 130 Genossenschafterinnen und Genossenschafter gefunden», erzählt sie.

Wer der Genossenschaft beitreten will, kauft erst einmal einen Anteilschein für 500 Franken. Damit werden Investitionen getätigt. Das Gemüseabo für ein Jahr kostet 1100 Franken. Dafür bekommt man ­
40 Gemüselieferungen – im Sommer wöchentlich, im Winter zweiwöchentlich. «Unser Motto lautet: So viel und so unterschiedlich wie möglich», sagt Rahel Fuchs. «Bei uns gibt es kein zu klein oder zu gross geratenes Gemüse. Es gibt das, was saisonal wächst.»

Mithilfe gewünscht

Und der ein Hektar grosse Acker gibt einiges her. Von den verschiedensten Salaten und Kräutern über Wurzelgemüse und Knollengewächse bis zu Spinat, Zwiebeln und Fenchel ist die wöchentliche Gemüselieferung immer abwechslungsreich. Beim Anbauplan achtet Rahel Fuchs darauf, die Biodiversität zu fördern und so Pflanzen und Tieren ein Zuhause zu geben. Produziert wird in Zukunft nach biologischen Kriterien. «Wir stellen ab jetzt auf Bio um und sind damit in zwei Jahren zertifiziert», sagt sie.

Mehr als nur Gemüse

Rahel Fuchs ist zusammen mit einer ­weiteren Gemüsegärtnerin zu 70 Prozent angestellt. Die Fachfrauen ziehen die Setzlinge selber, erstellen die Anbaupläne und kümmern sich um die Pflanzen. Jede Genossenschafterin und jeder Genossenschafter sollte im Betrieb mindestens achtmal pro Jahr mithelfen. Um das Administrative kümmert sich die Betriebsgruppe, eine Art Vorstand. «Sie hatten in der Aufbauphase sehr viel zu tun», erzählt Rahel Fuchs. «Uns allen geht es aber nicht nur ums Gemüse. Es geht bei Pura Verdura vielmehr auch um ein soziales Projekt im Quartier.»

So sollten die Mitglieder selber Events wie Grillabende oder Familientreffs organisieren, um sich kennenzulernen und sich auszutauschen. Wegen Corona konnte letztes Jahr lediglich ein Grillfest stattfinden. «Auch möchten wir aktiver werden und zum Beispiel eine Einmachgruppe oder ähnliche Projekte gründen. Bisher waren nur Online-Tipps möglich. Unser Ziel ist es, eine Plattform fürs ­Quartier zu werden und aktiv zu unserer Ernährung beizutragen.»

Nahrungsmittel schätzen lernen

«Ich sehe, was es braucht, bis ein Nahrungsmittel auf den Tisch kommt, und schätze es so viel mehr», sagt Esther Menet und verteilt die bereitgestellten Randen in die Kisten. «Für mich ist Gärtnern wie Zaubern», ergänzt Gabi Schaub. «Es ist eine grosse Freude zu sehen, wie etwas aus den Samen spriesst. Die einen Pflanzen strotzen vor Gesundheit, die anderen sind kümmerlich.» Beide Frauen sind sich einig, dass Gärtnern in Gesellschaft viel mehr Spass macht als alleine.

Pura Verdura bietet Gemüse für rund 130 Genossenschafterinnen und Genossenschafter. Da einige inzwischen weg­gezogen sind oder freiwillig aufgehört ­haben, sind ab dem April 2021 noch rund
15 Ernteanteile frei. Interessierte können sich über www.puraverdura anmelden.