«Respekt geht viel tiefer»

Erstellt von Thomas Hoffmann |
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Soll die Stadt das Wort «Mohr» an Gebäuden abdecken? Diese Frage stellte Lokalinfo im Hinblick auf die Stadtratswahlen den 17 aussichtsreichsten Kandidierenden. Nur die wenigsten antworteten mit einem klaren Ja oder Nein.

Zwei städtische Liegenschaften in der ­Altstadt tragen Inschriften mit dem Wort «Mohr». Diese hätten eine rassistische Wirkung, findet der Stadtrat. Er will sie deshalb abdecken lassen. Also müssten mindestens fünf der neun amtierenden Stadträtinnen und Stadträte klar für die Abdeckung sein. Aber in der Umfrage ­sagen nur Corine Mauch (SP) sowie ­Daniel Leupi und Karin Rykart (beide Grüne) klar Ja. Mit Richard Wolff (AL), der nicht mehr antritt, wären es maximal vier Ja. Wie kam es zur Mehrheit im Stadtrat? Für Raphael Golta (SP) ist «die Abdeckung eine mögliche Lösung». Parteikollege André Odermatt sagt, es gelte «zu prüfen, ob sie am besten überdeckt, aufgearbeitet oder mit einer Kontextualisierung auf einer Tafel eingeordnet werden».

«Zu unserer Geschichte stehen»

Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema finden alle wichtig. Doch für Michael Baumer (FDP) «führt das Belassen des Wortes mit zusätzlicher Sensibili­sierung vor Ort für die Hintergründe eher zur gewünschten Bewusstseins­steigerung». Filippo Leutenegger (FDP) will «die aus heutiger Sicht diskriminierenden Zeichen in einen historischen Kontext stellen». Und Andreas Hauri (GLP) meint: «Wir müssen zu unserer ­Geschichte stehen. Ungeschehen machen können wir sie nicht.» Bei jenen, die neu in den Stadtrat wollen, gibt es zweimal ein «klares Ja»: von den Jungen Dominik Waser (Grüne, 24) und Serap Kahriman (GLP, 31). Simone Brander (SP) antwortet, man müsse die Inschriften «kritisch hinterfragen, historisch einordnen und wo nötig auch ­ab­decken».

«Bührle-Bewunderer nicht gestoppt»

Das Wort «Mohr» nicht abdecken würden Stephan Iten (SVP), Josef Widler (Die Mitte) sowie Sonja Rueff-Frenkel. «Bei den entsprechenden Gebäuden», so die FDP-Politikerin, «soll eine gut sichtbare Infotafel den historischen Kontext aufzeigen.» Und sie weisst darauf hin, dass es weitere Plätze und Brücken gebe, die nach Personen mit fragwürdiger Vergangenheit benannt sind. «Hier sehe ich ebenso Handlungsbedarf.» Roland Scheck (SVP) spricht das Nein zwar nicht explizit aus, betont aber: «Das Ausmerzen von gewissen Wörtern an ­Gebäuden von historischer Bedeutung ist der Versuch, die eigene Geschichte zu ­verändern.» Für Roger Föhn (EVP) handelt es sich um ein Scheinproblem: «Respekt für Menschen, die anders sind als wir, geht viel tiefer.»Walter Angst (AL) findet es «zweit­rangig», wie wir uns damit auseinandersetzen. «Wichtig ist, dass wir es tun.» Und er bringt einen anderen Aspekt zur Sprache: «Es beschämt mich, dass wir die Bührle- Bewunderer im Kunsthaus noch nicht stoppen konnten.»