Rettet der Mai den Zürcher Frühling?

Erstellt von Silvan Rosser |
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Dieser Monat kann so ziemlich alle Register ziehen – selbst Schnee und Frost sind nicht ausgeschlossen: Der Frühling 2021 zeigte sich in der Region ­Zürich bisher noch nicht häufig von seiner sonnig-warmen Seite. Alle Hoffnungen liegen darum auf dem Mai.

Der Frühling 2021 zeigte sich in Zürich bisher noch nicht häufig von seiner sonnig-warmen Seite. Bereits im März gab es eine lange Periode mit winterlich kühlen Verhältnissen und Schnee bis in tiefe ­Lagen. Nur ganz am Anfang und Ende ­Monat war es sonnig und mild – Ende März sogar für kurze Zeit ausgesprochen mild. Und auch im April gab es immer wieder Schneefall bis in tiefe Lagen und vor allem frostige Nächte. Die erste Aprilhälfte gehört auch zu den kältesten der letzten 20 Jahre. Alle Hoffnungen auf sonnig-warmes Frühlingswetter liegen nun auf dem Mai. Kann der Mai den diesjährigen Frühling noch retten?

Das ist alles andere als gesichert, denn wie der April zeigt auch der Mai eine hohe Jahr-zu-Jahr-Variabilität und «macht was er will», wie ein Blick in die Wetteranalen von Meteo Schweiz für den Messstandort Fluntern zeigt.

Mai 1957: Winterlich

Die gute Nachricht vorweg: Schnee sollte im Flachland im Mai kein Thema mehr sein. Die schlechte Nachricht: Ganz ausgeschlossen ist Schnee bis ins Flachland auch im Mai nicht. Allerdings fiel in ­Zürich letztmals im Mai 1979 messbarer Neuschnee. Insgesamt gab es seit 1931 in Zürich nur in vier Jahren Schnee im Mai. Auch der Mai 1957 hatte Schnee im Gepäck. Allgemein war er aufgrund zweier Kaltluftvorstösse winterlich geprägt.

Mit einer durchschnittlichen Temperatur von 9,4 Grad gehört er zu den kältesten Maimonaten seit Messbeginn im Jahr 1864. In keinem anderen Mai mussten zudem mehr Frostnächte überstanden werden: Vier an der Zahl waren es im Mai 1957. Während bis in den frühen 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts Frostnächte im Mai alle paar Jahre vereinzelt auftraten, wurden sie seither extrem selten. Seit 1963 gab es lediglich zwei Jahre in Zürich mit Frost im Mai. Letztmals 2019. Dabei handelt es sich um sogenannten Hüttenfrost – also null Grad oder weniger auf zwei Meter über Gras, wo das Thermometer in der Wetterhütte untergebracht ist. Bodenfrost, also Frost am Boden oder wenige Zentimeter darüber, welcher für die Setzlinge im Garten und auf Äckern bedeutend ist, kommt allerdings in klaren Mainächten immer mal wieder vor.

Mai 1979: Vom Winter in den Sommer

Extrem war der Mai 1979: Aufgrund eines extremen Polarluftvorstosses lagen die Temperaturen Anfang Monat um mehr als 10 Grad unter dem üblichen Durchschnitt und an zwei Tagen fiel sogar messbarer Neuschnee. Die winterlichen Verhältnisse konnten im ersten Monatsdrittel nur schleppend verdrängt werden. Insgesamt wurden zwei Frostnächte registriert.

Nach einer durchschnittlich temperierten und wechselhaften Periode folgte auf das Monatsende ein ausgeprägter Warmluftvorstoss aus den Subtropen. Gleich an fünf Tagen zeigte das Thermometer mehr als 25 Grad an, womit Sommertage registriert wurden. Mit einer Höchsttemperatur von über 28 Grad hielt schon fast der Hochsommer Einzug. Tatsächlich blieb die kurze «Hitzephase» Ende Mai und Anfang Juni dann auch das Highlight des «Sommers» 1979.

Mai 1999: Dauerregen

Der Mai ist in Zürich der regenreichste Monat des Jahres. Im Durchschnitt der ­Periode 1991 bis 2020 bringt der Mai in ­Zürich 128 Millimeter Regen und es gibt zwölf Regentage. Noch extremer war es im Mai 1999. Er gehört zu den nässesten Monaten. An jedem zweiten Tag fiel ­Regen und bis Ende Monat summierten sich die Regenmengen auf knapp 290 Millimeter. Es war auch das Jahr mit den verheerenden Frühlingshochwassern in der Schweiz. Regelrecht verregnet war der Mai auch in den Jahren 1887 und 1939. Damals summierten sich die Regenmengen auf 200, respektive 250 Millimeter, allerdings gab es mit 22, respektive 21 Regentagen kaum einen trockenen Tag.

Mai 1998: Wonnemonat

Dass der Wonnemonat Mai seinem Namen auch gerecht werden kann, zeigte sich nur ein Jahr davor (Mai 1998). Während 250 Stunden schien die Maisonne und nur gerade an fünf Tagen gab es ­Regen. Im Durchschnitt der Periode 1991 bis 2020 bringt der Mai circa 190 Sonnenstunden. Noch wonniger war der Mai 1886, als die Sonne allein im Mai über 280 Stunden am Zürcher Himmel schien. Extrem trocken war der Mai neben 1998 auch 1868 und 1934 mit lediglich drei, ­respektive vier Regentagen und 10, respektive 40 Millimeter Regen.

Mai 1868: Hochsommer

Die Vielfältigkeit des Mais zeigt sich ab und zu durch vorgezogenes Hochsommerwetter. Der Mai 1868 war nicht nur extrem trocken, sondern bis heute auch der wärmste, respektive heisseste Mai seit Messbeginn. Mit durchschnittlich 17,6 Grad in Zürich muss er sich gegenüber zahlreichen Juli- und Augustmonaten nicht verstecken. Der Mai war auch in den Jahren 1922, 1931 und 1945 hochsommerlich. An jedem zweiten Tag stieg die Quecksilbersäule über 25 Grad und an drei bis sechs Tagen sogar über 30 Grad, sodass Hitzetage registriert wurden. Im Durchschnitt der Periode 1991 bis 2020 sind in Zürich im Mai allerdings lediglich drei Sommer- und gar keine Hitzetage vorgesehen. Hochsommerphasen sind im Mai demzufolge selten. Früher, insbesondere in den 20er- bis 40er-Jahren des 20. Jahrhunderts, kamen sie scheinbar sogar häufiger vor als im heutigen Klima. Der Mai hat sich zwar seither im Durchschnitt erwärmt, aber das hat sich (bisher) nicht in zahlreichere hochsommerliche Witterungsabschnitte umgemünzt. Letztmals sommerlich war der Mai in den Jahren 2009, 2017 und 2018. Allerdings reichte es nur für sechs bis sieben Sommertage und ein bis zwei Hitzetage. Mehr als zwei Hitzetage in einem Mai gab es in Zürich seit 1945 nicht mehr.

Ein hochsommerlicher Mai scheint schon fast überfällig zu sein. Das Potenzial dazu hat der Mai, wie der Blick in die Klimahistorie zeigt. Allerdings zeigt sich auch, dass der Mai so ziemlich alle Register ziehen kann, selbst Schnee und Frost sind nicht ausgeschlossen. Und statistisch steht uns mit dem Mai der nässeste Monat des Jahres soeben bevor.