Der letzte unbeschwerte Chilbi-Besuch liegt für viele schon lange zurück. Auch Betreiber von Fahrgeschäften und Marktständen machen aktuell schwere Zeiten durch. Der Verbandspräsident der Schausteller Peter Howald aus Zürich erzählt, welche Zukunftsperspektiven er sich für seine Berufsgruppe wünscht.
Für Schausteller und Marktfahrende von Süsswaren und Produkten, die nicht zum täglichen Bedarf gehören, wäre dieser Tage die Geschäftssaison wieder am Hochfahren. Spätestens an den Wochenenden um das Sechseläuten hätte in der Stadt Zürich wieder Chilbi-Atmosphäre geherrscht. Doch diesen Frühling sieht es, einmal mehr, ganz anders aus.
Wer als Schausteller zurzeit noch Arbeit hat, darf sich glücklich schätzen. Auf öffentlichen Plätzen ist dies Stand heute nicht denkbar, sondern nur, wenn das Areal in Privatbesitz ist und individuelle Vereinbarungen gelten. Einer, der das aktuelle Befinden der Schausteller mitbekommt und teilt, ist Peter Howald, Präsident des Schausteller-Verbands Schweiz: «Wir haben keine Perspektive, wann wir Schausteller wieder loslegen können. Das macht uns schwer zu schaffen», sagt er. Trotz den in vielen Kantonen bereits ausbezahlten Härtefallhilfen decken diese nicht die bereits wieder angefallenen Kosten. Es sind die Mieten für Einstellhallen und Lagerräume, die den Schaustellern Sorgen bereiten.
Auch wenn die Vermieter teils sehr kulant sind und einen Zahlungsaufschub einräumen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese ihre Mieten haben möchten, und dann wird es laut Howald bei vielen Berufskollegen finanziell nicht mehr zu bewerkstelligen sein. Zusätzlich erschwert hat sich die Situation für Schausteller seit der Anpassung der Covid- 19-Verordnung vom 1. März 2021. Seither müssen 10 Quadratmeter Raum pro Kunde zur Verfügung stehen. Dieser Richtwert gilt auch für Betreiber von Fahrgeschäften und Marktfahrer. Es besteht also kein Verbot von kommerziellen Veranstaltungen im öffentlichen Raum, jedoch ist an eine Durchführung von Chilbis unter Berücksichtigung des genannten Richtwerts nicht zu denken: «Eine kleine Chilbi benötigt ungefähr 2000 Quadratmeter Platz und dies würde bedeuten, dass sich dort gerade mal 200 Personen aufhalten dürften. Das macht keinen Sinn», schlussfolgert Howald.
Letzten Sommer noch fand auf dem Albisgüetli eine Chilbi «light» unter Einhaltung entsprechender Vorgaben statt. Damals galt aber noch eine Begrenzung von 3½ Quadratmetern pro Kunde, mit der die Schausteller sich arrangieren konnten. In einem Schreiben an den Bundesrat fordern die betroffenen Berufsverbände nun dringend eine Strategie, mit einem Konzept für die Öffnung. Als Alternative schlagen sie sogar ein behördliches Berufsverbot vor, um immerhin wieder mit Entschädigungen rechnen zu können.
Verbandspräsident Howald bleibt bei der Einschätzung der zukünftige Lage für Schausteller und Marktfahrende aber realistisch: «Wir können froh sein, wenn wir Anfang Oktober 2021 wieder normal arbeiten können», sagt er. Für ihn ist dies alles eine schmerzhafte Herzensangelegenheit. Als Verbandspräsident der Schweizer Schausteller hat er sich als höchstes Ziel gesetzt, die Verbandsmitglieder durch diese Krise zu führen und damit auch den nachrückenden Schaustellergenerationen eine Existenzgrundlage zu schaffen.