Schnäppchenpreise für Oldtimer-Sammler

Erstellt von Lorenz Steinmann |
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ERZ wollte sein «illegales» Museumsinventar verkaufen. Das Interesse war zwar gross, der finanzielle Erlös aber klein. Der für 400 000 Franken renovierte FBW-Kehrichtwagen ging gerade mal für 10 000 Franken weg.

Etwa 1,7 Millionen Franken gab Entsorgung + Recycling zwischen 2012 und 2018 für ihr unbewilligtes Fahrzeugmuseum in Opfikon aus. Damals am Ruder: der mittlerweile entlassene ERZ-Chef Urs Pauli. Nun liess der neue Chef von Entsorgung + Recycling Zürich, Daniel Aebli, am Samstag eine öffentliche Versteigerung organisieren, um einen Schlussstrich zu ziehen. 16 Fahrzeuge und Geräte kamen unter den Hammer, die ERZ-Mitarbeiter mit grösster Sorgfalt renoviert hatten. Die Angestellten wären sonst zu Sozialfällen geworden.
Gut 200 Interessierte kamen aufs Areal der ehemaligen ARA Glatt.
75 Leute waren Corona-bedingt zur Gant zugelassen. Am meisten brachte der Stadtkasse ein Berna-Kipper von 1946 ein, nämlich 46 000 Franken. Ein Saurer-Kipplastwagen mit Jahrgang 1954 ging für 36 500 Franken weg. Für die Stadtkasse enttäuschend verlief das Bieterverfahren für einen FBW-Kehrichtwagen von 1972. Niemand überbot das Mindestangebot von 10 000 Franken, und so durfte Sammler Willi Röllin das für fast 400 000 Franken renovierte Gefährt in Empfang nehmen. Es geht wegen der teuren Sanierung als «vergoldeter» Lastwagen in die Geschichte ein. Das Schnäppchen wird künftig in einer FBW-Kollektion mit rund 50 Fahrzeugen in Näfels GL stehen.

Thomas Zeller zufrieden
Total nahm das für die Auktion beauftragte städtischen Gantlokal Hardau 104 450 Franken ein. Auf Anfrage zieht Stadtammann Thomas Zeller ein positives Fazit. Aus seiner Sicht wäre aber der Ganterfolg allenfalls grösser gewesen, wenn etwa der Handwagen mit Ochsnerkübel nicht für die recht hohe Anfangssumme von 1000 Franken ausgerufen werden musste. Prompt blieb die Stadt auf dieser Trouvaille sitzen, welche das Stadtbild während Jahrzehnten mit den dazugehörigen «Strassenwischern» prägte. ERZ nun aber deswegen einen Vorwurf zu machen, wäre ungerecht. Denn löblich ist, dass Daniel Aebli das städtische Gantlokal mit der Auktion beauftragte. So war die Provision massiv geringer als bei einem privaten Auktionator. Dort sind bis 40 Prozent Provision üblich. Beim Gantlokal Hardau sind es nur 1,5 Prozent, wie Thomas Zeller betont. Dazu kommt ein günstiger Personalaufwand von 90 Franken pro Stunden. «Zudem bleibt auch dieses eingenommene Geld in der Stadtkasse, einfach im roten Kübeli anstatt im blauen Kübeli», sagt Zeller schmunzelnd.
Die vier verbleibenden Objekte, darunter ein MAN-Saugwagen von 1987, werden ab Mitte November auf dem städtischen Onlineportal eGant zum Kauf angeboten. Welche Mindestangebote gelten, ist noch offen. Bleibt auch dieser Weg ohne Erfolg, werden die Objekte verwertet, sprich verschrottet.

Mitarbeiter setzten sich ein
Die Versteigerung der Oldtimer wurde im Zuge der Aufarbeitung der Verfehlungen der früheren ERZ-Führung durchgeführt. Das «Oldtimer-Museum» kann nun laut einer Mitteilung von ERZ aufgelöst und das Kapitel abgeschlossen werden. Zwei Fahrzeuge, ein Elektrolastwagen von 1925 der Firma Tribelhorn aus Zürich-Altstetten und ein Berna-Kipplastwagen mit Jahrgang 1919, kommen in die ARA Werdhölzli. Dort kann man sie bei Besucherrundgängen bestaunen. Für dieses Minimuseum stark gemacht hatten sich Mitarbeitende von ERZ, darunter Hugo Portmann.
Und was passiert mit den Räumlichkeiten des bisherigen Museums in Opfikon? Es ist ab sofort geschlossen. Ein weiterer Schritt bei der Bearbeitung des ERZ-Skandals wird mit der Einstellung des defizitären Seminarbetriebs «ara glatt» im Sommer 2021 folgen. Anschliessend wird die künftige Nutzung des Areals der stillgelegten Abwasserreinigungsanlage geplant. Auf dem Gelände befinden sich zwei Regenwasserbecken und das Betriebsgebäude für den Abwasserkanal ins Klärwerk Werdhölzli.

Noch ins TV-Studio
Übrigens hatte Stadtammann Thomas Zeller nach der Oldtimer-Gant am Samstag noch nicht Feierabend. Er spazierte, ein Sandwich essend, ins Fernsehstudio von SRF nach Zürich-Seebach. Dort war er als Amtsperson bis um 23 Uhr dabei hinter den Kulissen der Sendung «Happy Day». Zeller beaufsichtigte, dass bei der Ziehung der vielen Lose alles mit rechten Dingen zu- und herging.