Sind die Hundstage ein Garant für Sommerhitze?

Erstellt von Silvan Rosser |
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Steht uns die heisseste Zeit des Jahres unmittelbarbevor? Die Tage vom 23. Juli bis zum 23. August sind in der Meteorologie als Hundstage bekannt. Gemäss Überlieferung ist es die wärmste Zeit im Jahr.

Der Begriff Hundstage hat aber wenig mit den bellenden Vierbeinern zu tun als vielmehr mit dem Stern Sirius am Morgenhimmel. Sirius ist Teil des Sternbildes Grosser Hund.

Für die alten Ägypter begannen die Hundstage an jenem Tag, an dem jeweils zum ersten Mal der Stern Sirius am Morgenhimmel zu sehen war. Die Hundstage endeten, sobald das erste Mal das ganze Sternbild erkennbar war – ziemlich genau einen Monat nach dem erstmaligen Auftauchen von Sirius.

Den Ägyptern war Sirius eine Warnung vor der jährlichen grossen Nilflut, ausgelöst durch die intensiven Regenfälle in Zentral- und Ostafrika, im Oberlauf des Nils. Damals erschien der Stern Sirius noch Anfang Juli. Doch aufgrund der natürlichen Änderungen in der Rotation der Erdachse erschien Sirius in der Römerzeit um den 23. Juli. Heute ist er erst Ende August am Morgenhimmel zu erspähen. Trotzdem hat sich der Termin der Hundstage aus der Römerzeit gehalten. Während die Römer den Hundstagen den Termin gaben, brachten die Griechen die Verbindung mit der Hitze. Nach griechischem Mythos soll die Verschmelzung des Sonnenlichtes mit dem Feuer des Sterns Sirius Ursache der Hitze sein. Auch heute treten die wärmsten Tage im Mittelmeerraum oft während der Hundstage auf. Auch in Mitteleuropa sprechen Meteorologen aufgrund der Überlieferung der Hundstage von einem Witterungsregelfall, der scheinbar die heisseste Zeit des Jahres markieren soll. Doch ist die Periode vom 23. Juli bis zum 23. August in Zürich wirklich die heisseste Zeit im Jahr?

Hundstage häufig früher
Die Antwort auf diese Frage lautet klar: nein. Die 32 Hundstage (23. Juli bis 23. August) bringen in Zürich im Durchschnitt der Jahre 1901–2019 Tageshöchsttemperaturen von 23,6 Grad. Die jeweils wärmste 32-tägige Periode im Sommer in Zürich schafft es aber auf durchschnittlich 25,4 Grad. Die wahren Hundstage (wärmsten Tage im Jahr) sind demnach mehr als anderthalb Grad wärmer als die kalendarischen Hundstage und finden in Zürich früher statt, nämlich vom 6. Juli bis zum 6. August. Wir befinden uns statistisch also bereits mitten in den Hundstagen.

Immer mal wieder stimmen die tatsächlichen und die kalendarischen Hundstage aber auch überein. In sechs der letzten 120 Jahren war die Periode vom 23. Juli bis 23. August tatsächlich die wärmste im ganzen Jahr. Letztmals war dies im heissen Sommer 2018 der Fall. Mit einer durchschnittlichen Tageshöchsttemperatur von 29,4 Grad waren es gleichzeitig die heissesten Hundstage überhaupt in der 120-jährigen Messreihe. Zumindest in jedem fünften bis sechsten Jahr markieren die Hundstage mehr oder weniger die heisseste Zeit im Jahr und sind gegenüber der tatsächlich wärmsten 32-tägigen Periode weniger als 0,5 Grad kühler.

Die heisseste 32-tägige Periode überhaupt in der Messgeschichte von Zürich ist im Hitzesommer 2003 zu finden. Zwischen dem 26. Juli und 26. August 2003 stiegen die Tageshöchsttemperaturen auf durchschnittlich 29,7 Grad. Das Beispiel des Sommers 2003 zeigt, dass die Hundstage auch später als vorgesehen auftreten können. Genauer gesagt, verspäten sich die Hundstage in jedem sechsten Sommer. Letztmals war dies im Sommer 2016 der Fall. Die heisseste Zeit des Jahres fiel damals auf die Periode 13. August bis 13. September. Noch später traten die Hundstage nur im Jahr 1942 auf (14. August bis 14. September). Extrem frühe Hundstage wurden in den Jahren 1922 und 1937 registriert. Die heisseste Periode des Jahres war damals von Mitte Mai bis Mitte Juni. Mit durchschnittlichen Tageshöchstwerten von 24 bis 25 Grad waren es damals keine schweisstreibenden Hundstage, aber auch keinesfalls ausgesprochen kühle. Kühle Hundstage, die ihrem Namen nicht gerecht wurden, zeigten sich wiederholt in den 10er-, 50er- und 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts sowie im Jahr 1940. Die kühlsten Hundstage ereigneten sich im Sommer 1912, als die Tageshöchsttemperatur zwischen dem 23. Juli und dem 23. August durchschnittlich nur auf knapp 20 Grad kletterte. Kühle Hundstage mit Tagesmaxima von über 21 Grad gab es letztmals 2010 und 2014.

Hundstage 2020?
Der Sommer 2020 brachte bisher noch keine grosse Hitze. Die vergangenen 32 Tage waren gleichzeitig auch die bisher wärmsten des Jahres und brachten durchschnittlich Höchsttemperaturen von rund 25 Grad. In jedem vierten Jahr bringen die Hundstage höhere Werte als die bisherige Marke von 25 Grad. Die Erwartungen auf die Hundstage sollten also nicht zu gross sein. Denn nur selten sind die kalendarischen Hundstage auch die wärmste Zeit im Jahr. Die Chance ist hingegen gross, dass wir uns aktuell gerade inmitten der wärmsten Zeit des Jahres befinden. Möglicherweise steht diese uns aber erst noch bevor und könnte sogar bis Mitte September dauern.