So seuchen sich die Museen durch Corona

Erstellt von Leon Zimmermann |
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Wegen der Corona-Krise kämpfen viele Zürcher Kulturbetriebe mit tiefen Besucherzahlen. Während der Zoo Zürich glimpflich davonkommt, trifft es das Kulturama besonders hart, wie eine Umfrage zeigt.

Abstandsmarkierungen am Boden, Plexiglasscheiben an der Kasse und Desinfektionsmittel, so weit das Auge reicht. Der Alltag in den kulturellen Einrichtungen der Stadt Zürich hat sich durch die Corona-Krise stark verändert. Sie alle mussten ihren Betrieb an die neue Situation anpassen und entsprechende Schutzkonzepte entwickeln. Dabei haben die Einrichtungen unterschiedlich Schwerpunkte gesetzt. Im Kunsthaus Zürich gilt laut Sprecherin Kristin Steiner die Devise: «So viel Schutz wie nötig – so viel Eigenverantwortung wie möglich.» Entsprechend verzichtet das Kunsthaus wie die meisten anderen Museen in der Stadt Zürich auf eine Maskenpflicht für die Besucherinnen und Besucher. «Spätestens seit der Einführung der Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr haben aber die meisten Gäste ihre eigene Maske dabei», sagt Steiner vom Kunsthaus.

Weiter Events bis 1000 Leute
Die Schutzkonzepte der Museen orientieren sich an der verbindlichen Vorlage des Verbands Museen Schweiz (VMS). Diese wiederum basiert auf den Weisungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG). In der VMS-Vorlage heisst es unter anderem, dass maximal ein Besucher pro zehn Quadratmeter Ausstellungsfläche zugelassen ist, damit der vorgegebene Sicherheitsabstand von eineinhalb Metern gewährleistet werden kann. Die Museen dürfen weiterhin Veranstaltungen mit bis zu 1000 Teilnehmern durchführen. Falls bei Veranstaltungen mit mindestens 300 Teilnehmern der Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden kann, müssen die Teilnehmer eine Gesichtsmaske tragen. Falls auch das nicht möglich ist, muss das Museum die Personaldaten sämtlicher Teilnehmer erheben. Auch bei Gruppenführungen haben die einzelnen Museen unterschiedliche Konzepte zum Schutz der Teilnehmer erarbeitet. Das Landesmuseum hat die Gruppengrösse für Führungen auf 25 Personen beschränkt. Auch hier gilt keine Maskenpflicht, die Referenten nehmen die Personalien der Teilnehmer auf.
Nebst den Vorschriften im Grundkonzept des Verbands haben viele Museen individuelle Massnahmen erlassen, die auf den jeweiligen Betrieb abgestimmt sind. So herrscht im Evolutionsmuseum Kulturama momentan ein Einbahnbetrieb, und die Kopfhörer, die dort sonst an vielen Orten für die Besucher bereitliegen, wurden aus der Ausstellung entfernt.
Im Fifa-Museum sind viele der interaktiven Ausstellungsgegenstände weiterhin für Besucher verfügbar – diese können sich dort direkt vor der Nutzung die Hände desinfizieren.
Die Graphische Sammlung der ETH Zürich musste bisher kein Schutzkonzept umsetzen, da der Ausstellungsbetrieb noch nicht wieder aufgenommen wurde. Geplant ist die Wiedereröffnung per 1. September.
Besucherzahl stark gesunken
Trotz der umfangreichen Schutzkonzepte befinden sich die aktuellen Besucherzahlen vieler Museen weit unter dem normalen Level. Das Kulturama, dessen Angebot stark auf Kinder und Jugendliche ausgerichtet ist, trifft es besonders hart. So betrug der Besucherandrang im Mai 2020 verglichen mit demselben Monat des Vorjahrs gerade einmal zehn Prozent. Laut Museumsdirektorin Claudia Rütsche ist dies vor allem auf die fehlenden Führungen von Schulklassen zurückzuführen: «Nach dem Lockdown wollten die meisten Lehrpersonen ihre Schülerinnen und Schüler bis zu den Sommerferien im Unterricht behalten.» Mit Normalbetrieb sei in diesem Bereich erst nach der Ferienzeit wieder zu rechnen.

Nur langsame Erholung
Mittlerweile bessert sich die Bilanz allmählich. So betrug die Besucherzahl des Kulturama im Juni verglichen mit dem Vorjahr rund 40 Prozent, im Juli waren es bereits 65 Prozent. «Die Zahlen sind zunehmend, aber noch nicht befriedigend», sagt Rütsche. Die kurz- bis mittelfristige Zukunft des Museumsbetriebs hänge nun vor allem von der weiteren Entwicklung der Corona-Situation und den Vorgaben des BAG ab. Zum Beispiel von der Frage, ob in öffentlichen Räumen eine allgemeine Maskenpflicht eingeführt werden soll.
Auch für Alexander Rechsteiner, Sprecher des Landesmuseums, ist klar: «Die Besucherzahl von 2020 wird deutlich unter dem Rekord von 2019 liegen.» Die genauen Besucherzahlen würden allerdings erst am Jahresende kommuniziert. Auch das Fifa-Museum will zum aktuellen Zeitpunkt noch keine genauen Zahlen bekannt geben. Sprecher Andreas Alf verrät aber: «Wir können Schritt für Schritt wieder ansteigende Besucherzahlen feststellen.»
Im Kunsthaus Zürich sind die Besucherzahlen für die bis Oktober laufende Ausstellung «Schall & Rauch» gemäss Sprecherin Kristin Steiner etwas niedriger als erwartet. «Das liegt auch an der anhaltenden Sommerhitze der vergangenen Wochen», erklärt sie. Die Veranstaltungen des Sommerprogramms, insbesondere die Führungen, würden sich grosser Beliebtheit erfreuen. Genaue Zahlen werden jedoch auch hier den Lokalinfo-Zeitungen nicht genannt.

Zoo schneidet besser ab als 2019
Dem Zoo Zürich dürfte im Hinblick auf die Besucherzahlen zugutekommen, dass sich die Gäste dort mehrheitlich an der freien Luft aufhalten können – wo die Corona-Abstandsregeln einfacher einzuhalten sind als in geschlossenen Räumen. So konnte der Zoo während der bisherigen Sommerferien gemäss Sprecherin Rita Schlegel sogar mehr Besucher verzeichnen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. «Es ist allerdings zu beachten, dass der Zoo in diesem Jahr mit der Lewa-Savanne eine grosse neue Anlage eröffnet hat», sagt Schlegel. Verglichen mit dem Jahr 2014, als der Zoo seinen Elefantenpark eröffnete, seien die Besucherzahlen geringfügig tiefer.
Die Corona-Krise hatte laut Schlegel auch einen Einfluss auf das Reiseverhalten der Zoobesucher. «Es ist deutlich zu spüren, dass die Zoobesucherinnen und Zoobesucher seit dem Ausbruch von Corona mehr mit dem Auto und weniger mit dem öffentlichen Verkehr anreisen», erklärt sie.

Maskenpflicht im Masoala-Express
Im Gegensatz zu den Zürcher Museen richtet sich der Zoo nicht nach dem Grundkonzept des Verbands Museen Schweiz, sondern nach dem Branchenschutzkonzept für Zoos, Tier- und Wildparks. So gilt hier bei Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Gruppenführungen wie auch bei Fahrten mit dem Shuttle-Bus und dem Masoala-Express eine Maskenpflicht.
Die Masken stellt der Zoo kostenlos zur Verfügung. Beim Eingang hat der Zoo Zürich im Gegensatz zu den Museen nicht nur Abstandsmarkierungen und Plexiglasscheiben angebracht, sondern auch ein automatisiertes Zählsystem – inklusive Lichtsignal. Zugelassen sind aktuell maximal 5800 Personen gleichzeitig.