Mond- oder Sonnenfinsternis – das ist eine Frage des Standorts. Von der Erde aus gesehen erleben wir heute Abend eine partielle Mondfinsternis. Aber wie würde man eine solche vom Mond her erleben?
Diesen Monat wird der Erdtrabant viel von sich reden machen. Dann nämlich jährt sich die erste Landung eines Menschen auf dem Mond zum fünfzigsten Mal. Sie waren am 16. Juli 1969 um Punkt 14.32 Uhr mitteleuropäische Zeit von Cape Canaveral, Florida, gestartet. Zusammengepfercht in der Apollo-11-Kapsel an ihrer Spitze wurden drei Astronauten ordentlich durchgeschüttelt. Zwei von ihnen betraten viereinhalb Tage später den Mondboden.
Heute, am 16. Juli 2019, erleben Europäer, Afrikaner und Menschen im Mittleren Osten eine teilweise Verfinsterung des Mondes. Knapp zwei Drittel des scheinbaren Monddurchmessers werden in den Erdschatten tauchen. Die Halbschattenphase beginnt bereits vor dem Aufgang des Erdtrabanten am Südosthorizont. Diese bringt aber einen derart schwachen Hauch von Verdüsterung, dass sie ohnehin nicht wahrnehmbar wäre.
Um 21.24 Uhr erscheint der Mond über dem Federispitz (von der Sternwarte Rümlang aus gesehen), und kurz vor 22 Uhr wird eine unscharfe Delle an seinem linken Rand erkennbar sein. Der sogenannte zweite Kontakt, das heisst die Berührung mit dem Erdkernschatten, findet um 22.02 Uhr statt. Die maximale Verfinsterung von 65,3 Prozent ist um 23.32 Uhr erreicht.
Ob eine Rötung ähnlich wie bei einer totalen Mondfinsternis wahrnehmbar sein wird, ist fraglich. Die immer noch sonnenbeschienene Sichel überstrahlt die abgeschattete Partie des Mondes um einen Faktor in der Grössenordnung von 10 000. So wird eine allfällige Rötung nicht sehr augenfällig sein.
«Cool» für Astronauten
Im Verlauf der nächsten anderthalb Stunden befreit sich der Mond wieder ganz vom Kernschatten der Erde. Der dritte Kontakt findet um 1 Uhr statt, und die anschliessende Halbschattenphase wird innert weniger Minuten für unsere Augen verblassen, obwohl geometrisch gesehen der vierte und letzte Kontakt erst um 2.18 Uhr erfolgt.
Eine interessante, wenn auch hypothetische Vorstellung ist, wie wohl Astronauten dieses Schattenspiel vom Mond aus erleben würden, wenn sie heute an der Apollo-11-Landestelle stünden und zur Erde zurückblickten. Nicht Mond-, sondern Sonnenfinsternis würden sie es nennen. Denn für sie würde die Erde die Sonne verdecken. Die Erdschattengrenze erfasst um 23.05 Uhr die «Tranquility Base», wie die Apollo-11-Astronauten vor 50 Jahren die Landestelle am westlichen Rand des Mare Tranquillitatis nannten.
Ungefähr um 00.15 Uhr gibt sie den Landeplatz wieder frei. Die hypothetischen Astronauten dürften dort während einer guten Stunde gehörig ins Frieren kommen. Denn ohne die Sonneneinstrahlung und in Abwesenheit einer Lufthülle, welche die Temperatur eine Zeit lang aufrechterhalten könnte, sinkt die Temperatur auf der Mondoberfläche empfindlich.
Als Entschädigung für die Gänsehaut kämen die Mondreisenden wohl in den Genuss einer eindrücklichen Sonnenfinsternis, obwohl nicht vergleichbar mit dem gleichnamigen Himmelsspektakel von der Erde aus beobachtet. Vom Mond aus gesehen erscheint die Erde nämlich rund dreieinhalb Mal grösser als die Sonnenscheibe. Die «Totalität» würde rund eine Stunde und zehn Minuten dauern. Von der Sonnenkorona, die bei irdischen, totalen Sonnenfinsternissen die ganze Sonnenscheibe umgibt, würden die Astronauten nur einen kleinen äusseren Bereich sehen, der am unteren Rand über die Erdkante hinausragt.
Um die völlig verdunkelte Erde herum würde ein prächtiger, orangerötlicher Ring leuchten. Dieser wird durch die Streuung des Sonnenlichts in der Erdatmosphäre erzeugt. Der Mond erscheint dadurch in dem leicht rötlichen Schimmer, der für Mondfinsternisse von der Erde aus gesehen so typisch ist. Wie die Rötung zu Füssen unserer Astronauten in Erscheinung treten würde, darüber lässt sich nur spekulieren.
Landeplatz und zwei Gasriesen
Die Teleskope der Sternwarte Rümlang reichen zwar bei Weitem nicht aus, um den historischen Landeplatz auf dem Mond erkennen zu können. Die Demonstratoren werden aber anhand einer Mondkarte und Fotoausschnitten vom Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) auf die Stelle hinweisen.
Die Sternwarte wird deshalb heute Dienstag, 16. Juli, um 21 Uhr für das Publikum geöffnet. Zu Beginn führen die Demonstratoren bis zum Mondaufgang mittels einer Bildpräsentation den Besuchern anhand von Grafiken das eindrückliche Schattenspiel vor Augen.
Zwischen den einzelnen Phasen der Mondfinsternis zeigen sie auch die beiden Gasplaneten Jupiter und Saturn sowie einige weitere kosmische Gebilde. Raumfahrtbegeisterte merken sich am besten auch gleich den 7. und 14. August vor. An diesen Tagen entführt der Sternwartenverein die Gäste auf den Mond und thematisiert an sechs Posten die verschiedenen Aspekte der ersten Mondlandung 1969.
Eine Anmeldung zur Veranstaltung ist nicht erforderlich, der Eintritt ist frei. (e.)
Di, 16. Juli, 21 Uhr Sternwarte Rümlang, Chätschstrasse 2 (Parkplatz beim Dorfausgang Richtung Watt; 5 Minuten ausgeschilderter Fussweg, Zufahrt zur Sternwarte nicht gestattet). Auskunft über Durchführung ab 20.30 Uhr am Vorabend, Tel. 044 817 06 83, www.sternwarte-ruemlang.ch.