Über 40 Bewerbungen für eine Schnupperlehre

Erstellt von Stefi Plutschow |
Zurück

Das Bedürfnis der Jugendlichen, sich zu treffen und etwas zu erleben, sei enorm, schildern Stefi Plutschow und Yilmaz Gül vom Gemeinschaftszentrum Loogarten. Ein grosses Problem stelle zurzeit der Übergang von der Schule zum Beruf dar.

Jung, jugendlich und verwirrt… Was war es für eine Zeit, als Träumen ­normal war, die kleinen Dramen des Alltags alles überschatteten und das Gefühl vorherrschte, real sowie der Mittelpunkt des Lebens zu sein. Im Off des Lockdowns, ein Jahr des Ausnahmezustandes während einer Pandemie, sich über den Atlas schleppend und den Alltag erschwerend. Im Film einer oder eines ­Jugendlichen, wo sich Zeit unwirklich streckt und verkürzt. Wo sich ein Jahr wie eine halbe Ewigkeit anfühlen kann. Über ein Jahr Corona, begleitet von Einschränkungen, sozialer Isolation und noch mehr Regeln. Ein 18-Jähriger sagt dazu: «Es ist ein verdammter Sch…, Corona ist eine Frechheit!» Eine 11-Jährige äussert: «Corona nervt, man kann nicht alles machen.»

Eine kleine Lockerung

Die Jugendarbeit des GZ Loogarten möchte den Jugendlichen einen Freiraum bieten; um sich aufzuhalten, zu bewegen, zu experimentieren, zu spielen oder einfach zu sein und nichts zu tun. Auch wenn Freizeittreffpunkte und Gemeinschaftszentren zurzeit geschlossen sind, wurde entschieden, dass Angebote für unter 16-Jährige Priorität haben und öffnen können. Mittlerweile dürfen die bis 20-Jährigen die Angebote der Offenen Jugendarbeit nutzen. Die Jugendtreffpunkte der Zürcher Gemeinschaftszentren im Kreis 9, GZ Bachwiesen, GZ Grünau und GZ Loogarten platzen aus allen Nähten, das Bedürfnis, sich zu sehen, zu treffen und etwas zu erleben, ist enorm. Durch die Öffnung der Einkaufszentren und die Wiederaufnahme der Fussballtrainings hat es für Jugendliche eine kleine Lockerung gegeben. Dennoch hat Covid-19 bei den Jugendlichen Spuren hinterlassen. Im GZ Loogarten werden Jugendliche in Krisensituationen beraten, Probleme zuhause oder in der Schule, in Beziehungen oder mit Suchtmitteln sind vermehrt feststellbar.

Lehrstellen sind gefragt

Ein grosses Problem zurzeit stellt der Übergang von der Schule zum Beruf dar. Es mangelt schon an Schnupperlehren, viele Betriebe möchten nicht, dass zusätzlich Jugend­liche von aussen kommen. Verständlich während einer Pandemie, verheerend im Einzelfall. Ebenso hat sich deren Zugang erschwert. Es ist nun üblich, sich für Schnupperlehren schriftlich zu bewerben. Im GZ Loogarten gibt es ­einen Jugendlichen, der bereits für Schnupperlehren über 40 Bewerbungen geschrieben hat und davon nur eine absolvieren konnte. Deshalb einen Aufruf ans Gewerbe aus dem Quartier: Bitte meldet euch bei der Jugendarbeit des GZ Loogarten, falls ihr Schnupperlehren oder gar Lehrstellen auf den August 2021 offen habt.
Die Jugendarbeit ist in Kontakt mit ­vielen motivierten Jugendlichen. Leider kriegen viele von ihnen zuhause wenig Unterstützung bei der Lehrstellensuche, was zurzeit intensiver spürbar ist und ­einen grossen Nachteil mit sich bringt. Schicht- und Nachtarbeit der Eltern, mangelnde Sprachkenntnisse, niedriger sozio-ökonomischer Status, um nur einige Diskriminierungsmerkmale zu nennen. In einer solchen Ausnahmesituation, die nun schon über ein Jahr dauert, ist es wichtig, grosszügig zu sein, auch gegenüber Jugendlichen. Und auch einmal jemandem eine Chance zu geben, der oder die vielleicht nicht die besten Zeugnisse mitbringt.

«Wo chömemer dänn da hi mit dem Corona?», sagte ein 14-jähriges Mädchen. Auch wenn Jugendliche stören, Lärm und Müll machen, frech sind und durch ihr teilweise lautes und energievolles Auf­treten Angst machen, brauchen auch sie Zuwendung und haben ein Raumbedürfnis, auch im öffentlichen Raum, das ­ihnen nur Erwachsene ermöglichen ­können.