Freitagabend pilgerte die SVP zur 34. Albisgüetli-Tagung in Zürich, die nach zwei Jahren wieder vor Ort stattfand. Rund 700 Gäste nahmen teil, darunter Bundespräsident Ignazio Cassis. Blocher und Cassis boten sich Paroli – die Differenzen waren vor allem gesundheits- und europapolitischer Natur.
Geduldig warteten frisch getestete Gäste vor dem Testzelt im Albisgüetli ihren Befund ab. Es galt 2G-plus, die Teilnehmerzahl war fast halbiert worden, viele sagten pandemiebedingt ab – kurz: Das Coronavirus war auch an der Albisgüetli-Tagung omnipräsent. Daher erstaunte, dass alt Bundesrat Christoph Blocher in seiner Rede verkündete: «Covid isch verbi!» Dies wurde vom Gastredner, dem Bundespräsidenten Ignazio Cassis (FDP), entschieden zurückgewiesen: «Der Weg in die Normalität ist nur durch Antikörper im Blut möglich.»
Auf die Ansprache von Kantonalparteipräsident Benjamin Fischer folgte traditionsgemäss die Rede von SVP-Urgestein Blocher. Mit ungebrochenem Eifer plädierte der 81-Jährige für die politische Unabhängigkeit der Schweiz, ging auf den EWR-Vertrag ein, den das Volk vor knapp 30 Jahren abgelehnt hatte, beschwor den Zusammenhalt der bürgerlichen Parteien und stimmte ein Loblied auf die Eigenverantwortung an. Im Anschluss richtete Gastredner Ignazio Cassis das Wort an die SVP.
«Europapolitische Höhle des Löwen»
Nebst pandemiebezogener Kontroversen konfligierten am Abend auch Blochers und Cassis’ europapolitische Linien. Blocher zelebrierte das letztjährige Nichtzustandekommen eines Rahmenabkommens als politischen Grosserfolg. Ein Abkommen mit der EU bezeichnete Blocher als «Kolonialvertrag». In seiner Replik betonte Cassis, dass der Bundesrat nach wie vor darum bemüht sei, «langjährige Beziehungen fortzusetzen und zu stabilisieren» und gegebenenfalls auszubauen. Zu einem Rahmenabkommen 2.0 werde es jedoch nicht kommen, womit Cassis in der «europapolitischen Höhle des Löwen» heftigen Beifall erntete.