VBZ-Krise: Stadtrat Baumer greift ein

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Die VBZ müssen das Liniennetz stark umstellen und den Tramfahrplan ausdünnen.

Lange wurde die Situation schöngeredet, und Probleme wurden scheibchenweise

kommuniziert.

Die VBZ müssen das Liniennetz stark umstellen und den Tramfahrplan ausdünnen. Lange wurde die Situation schöngeredet, und Probleme wurden scheibchenweise kommuniziert.

Auf den ersten Blick markierten Stadtrat Michael Baumer (FDP) und VBZDirektor Guido Schoch Einigkeit. Sie hatten am Montag die Aufgabe, den Medien einen noch nie dagewesenen Abbau beim Tramnetz zu erklären. Die vorgestellten Massnahmen gleichen einem Notfahrplan. Die Linie 17 fährt ein Jahr lang gar nicht, die Linie 15 fährt nur noch jede Viertelstunde, auf der Linie 13 kommen neu 50-jährige Museumstrams zum Einsatz. Auch sonst wird der Fahrplan ausgedünnt und tüchtig durcheinandergewirbelt. Der 6er verkehrt neu ins Werdhölzli, das 10er-Tram fährt in den Stosszeiten vom Flughafen zusätzlich bis ins Albisgüetli. Und beim 12er-Tram, das unter der Regie der Verkehrsbetriebe Glattal (VBG) betrieben wird, kommen künftig blau-weisse VBZ-Trams zum Einsatz. «Mit Sänfte», wie betont wird. Doch im Gegensatz zu den Cobra-Trams ist bei den umgebauten Trams der Serie 2000 lediglich ein Eingang tiefergelegt. Für Eltern mit Kinderwagen, Senioren mit Rollatoren und natürlich Rollstuhlfahrer ein schwacher Trost. Doch wie nur konnte es so weit kommen? Die einst stolze VBZ-Tramflotte von 230 Fahrzeugen verfügt aktuell über kein einziges Ersatztram, wie diese Zeitung aufdeckte. Dazu kommen Personalengpässe, die seit Jahren nur mit eigentlich pensionierten VBZ-Angestellten überbrückt werden können. 
Michael Baumer, seit gut eineinhalb Jahren politischer Vorgesetzter der VBZ, redete an der Medienkonferenz durchaus Klartext. «Kommunikativ waren wir nicht gut, auf die Trams war in letzter Zeit kein Verlass», so Baumer. «Ich sagte den VBZ, das müssen wir anschauen.» Vertrauen in die VBZ und deren Direktor Guido Schoch tönt anders.

«Hat man es verschlafen?» 
Aufgefallen sind Baumer die Missstände laut eigenen Angaben, weil er und seine Frau das 15er-Tram fast jeden Tag benutzen. Dabei räumt er ein, dass «wir erst 2017» Vollgas geben konnten. Er spricht damit auf die 2011 ausgeschriebene Trambeschaffung als Ersatz der Tram-2000-Generation an. Der Zürcher Verkehrsverbund als Oberaufsicht rügte die VBZ, kein Zweitgutachten eingeholt zu haben. Zudem zogen die nicht berücksichtigten Siemens und Stadler vor Gericht. Zwar war erst im Februar 2017 ganz sicher, dass das Flexity-Tram von Bombardier zum Handkuss kommt. Fakt ist die zögerliche Haltung der VBZ trotzdem. Rhetorisch fragte Baumer am Montag in die Journalistenrunde: «Hat man es verschlafen? Nein, so kann man das nicht sagen. Wir haben nicht erst gestern gemerkt, dass wir zu wenig Tams haben.» Dabei zitiert er die VBZ mit einer Aussage von 2016 in der «NZZ am Sonntag». Für die ausgedehnte Linie 2 «hätten wir derzeit nicht genügend Trams». Seither passierte aber nichts. Dabei wäre es möglich gewesen, von der Baselland Transport AG Fahrzeuge mit Niederflureinstieg zu mieten. Baumer: «Das Tram hätte geschliffen in den Kurven, Grund: die fixen Trittbretter.» Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Mit vertretbarem Aufwand wäre eine Anpassung möglich gewesen, so Experten. Mit der «Basler Lösung» hätte man Museumstrams des Typs Mirage verhindert, mindestens bis Dezember 2021. 
Und VBZ-Direktor Guido Schoch? Der seit 2009 an der Spitze der VBZ stehende HSG-Absolvent beschränkte sich an der Medienkonferenz darauf, das ab dem 25. November geltende neue Liniennetz vorzustellen. Immerhin: Die Verkehrsbetriebe Glattal (VBG) rechnen «derzeit nicht mit einem nachhaltigen Imageverlust» wegen der Fahrzeugknappheit. Und: «Eine finanzielle Entschädigung steht aufgrund der Ausnahmesituation nicht zur Diskussion. » (ls.)