Viel neue Frauenpower im Comedyhaus

Erstellt von Lisa Maire |
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Als Fabienne Matter und Mireille Humbert das Comedyhaus am Albisriederplatz übernommen haben, gab es rundherum nicht gerade viel zu lachen: Es war im März 2020, mitten in der ersten Coronawelle. Trotzdem ziehen die Theaterleiterinnen heute eine zufriedene Bilanz.

Das Comedyhaus ist das Kind von Danny Gundelfinger. Der «Pate der Schweizer Comedy» hatte es 2016 eröffnet, um der wachsenden Comedy- und Kabarettszene eine eigene Bühne zu bieten. Als er sich vier Jahre später altershalber zurückzog, übernahmen zwei Frauen das Szepter, die mit dem Theater am Albisriederplatz bereits vertraut waren: Fabienne Matter und Mireille Humbert führten dort seit längerem die Bar. Inzwischen sind die beiden Profi-Gastgeberinnen auch den Anforderungen eines Bühnenbetriebs gewachsen. Dafür sorgte Patron Gundelfinger, in dem er sich nicht von einem Tag auf den anderen, sondern gestaffelt aus dem Theater verabschiedete. Sein besonderes Baby, die «Open Stage» für komische Jungtalente, betreute er noch bis diesen ­Sommer.

Komisches und Apartes

Den sanften Übergang sehen Matter und Humbert als «das Beste, was uns passieren konnte». Seit kurzem nun liegen die Geschicke des Theaters alleine in ihrer Verantwortung. Gundelfingers Vermächtnis, die Stand-up-Comedy, bleibt weiterhin wichtiges Standbein. Doch daneben steht die Bühne heute vermehrt auch für andere Sparten der Kleinkunst offen. Das «Théâtre a.part» mit Kulturprogramm in der Theaterbar sowie eine monatliche «Barnacht für Frauen» gehören mit zum Konzept der Theaterleiterinnen, die beide stark in der Frauenszene verankert sind. «Ladies Nights» unter ihrem Markennamen «a.part» gibt es in verschiedenen Zürcher Bars schon seit über zehn Jahren.

In einen Kulturbetrieb eingebunden, mache die Arbeit an der Bar jetzt noch mehr Spass, sagt Humbert. Matter pflichtet bei: «Es gibt nichts Schöneres – gerade auch in Coronazeiten – als zu beobachten, wie die Leute aus dem Theatersaal rauskommen, lachen, sich angeregt unterhalten, entspannt sind.» Humbert und ­Matter sind beide leidenschaftliche Gastgeberinnen. An den meisten Bühnenabenden im Comedyhaus stehen sie weiterhin selbst hinter der Theke. Besonders reizvoll dabei: An der Bar bekommen sie viel Feedback auf das Bühnenprogramm mit, das sie als Theaterleiterinnen ­verantworten.

Gespür für kulturelle Bedürfnisse

Bei der Auswahl dieses Programms haben die Frauen offenbar ein gutes Händchen: «Wenn uns beide etwas kickt, kickt es in der Regel auch das Publikum», lautet die bisherige Erfahrung. So war etwa der Auftritt des queeren Chors Rosa gleich zweimal ausverkauft. Auch die 14-tägliche Sonntagsmatinee mit Uta Köbernick gilt als Highlight. Die vielfach preisgekrönte deutsche Kabarettistin, die seit einiger Zeit in Wiedikon zu Hause ist, präsentiert ihre Matineereihe exklusiv im Theater in ihrem Quartier. Matter strahlt: «Wir sind mega stolz, dass sie das mit uns wagt.»

In der laufenden Saison zu geniessen sind neben der Stand-up-Comedy – auch für die englisch- und polnischsprachige Community – künstlerisch vielfältige Auftritte mit Gesang, Musik, Tanz. Von der 40-minütigen Ein-Frau-Oper mit der Romande Paulin Tardy über das Star­parodie-Spektakel der Comedian-Company bis hin zur Weihnachtsshow für Kids mit dem Simply Theater.

Dazu kommen Gastspielauftritte, etwa mit dem Improvisationstheater Anundpfirsich sowie monatliche Events wie der Comedyhaus-Klassiker «Open Stage» oder die Lesebühne «ausgesprochen a.part» mit der Slam-Koryphäe Marguerite Meyer und ihren Gästen. Das Haus sei programmatisch nicht festgefahren, halten die Theaterleiterinnen fest. Vieles sei hier möglich. Dabei wolle man keinesfalls mit anderen Bühnen konkurrenzieren. «Wir ziehen einfach unser eigenes Ding durch – auf unsere Art», so Matter.

Natürlich gebe es dabei auch Grenzen. Etwa bei der Bühnentechnik oder bei der Höhe der Künstlergagen. Gesetzt sind ganz klar auch inhaltliche Grenzen: «Darbietungen mit homophoben, frauenfeindliches, rassistischen Inhalten haben bei uns keinen Platz», sagt Humbert entschieden. «Da lassen wir lieber die Bühne leer und essen eine Woche lang nur ­Spaghetti!»

Vollblut-Macherinnen am Werk

Coronazeiten hin oder her: «Wir sind happy», verkünden die frischgebackenen Theaterleiterinnen einstimmig. Beim Start mitten in der ersten Pandemiewelle hätten sie zwar schon ein paar schlaflose Nächte gehabt. «Wir wollten aber nicht verzichten auf ein Projekt, das wir schon zwei Jahre lang vorbereitet hatten», so Matter.

Am Ende siegte die Zuversicht. Mit ­zusätzlichen Bürojobs retteten sie das Theater über die schwierige Anfangszeit hinweg. Bis heute wirkt sich Corona zwar – wie in allen Theatern – noch auf die Zuschauerzahlen aus. Aber dank guter Bühnenauslastung, Vermietungen an Drittveranstalter und dem Barbetrieb komme man über die Runden, heisst die aktuelle Bilanz. Eine Rolle spielt dabei sicher auch, dass Matter und Humbert zwei Vollblut-Macherinnen sind. Sie managen nicht nur Bühnenprogramm, Künstlerbetreuung und die Bar, sondern packen auch andere Arbeiten im Haus gleich selbst an – ob Bierkistenschleppen oder WC-Putzen. «Das machen wir doch mit links», lacht Humbert und zeigt ihre Oberarm-Muckis.