Weltsportart fasst immer stärker Fuss

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Nicht nur für Expats: Seit zehn Jahren versucht der Club Rugby Union Zurich erfolgreich, harte Kerle aus der Region für diesen ruppigen Sport zu begeistern.

Es sind nicht nur grosse, schwere Männer, die hier gegeneinander antreten. Auch filigrane Spieler sind sich nicht zu schade, mit vollem Körpereinsatz den eiförmigen Ball zurückzuerobern. Die Männer krachen ineinander, die Kapitäne geben laut schreiend Anweisungen. Auf dem Feld stehen sich Rugby Union Zurich und OC Monthey gegenüber.

Angefangen hatte alles vor zehn Jahren auf einer Wiese unterhalb der Kirche auf der Egg in Wollishofen. Heute spielt Rugby Union Zurich in der Nationalliga B und trägt seine Heimspiele im Utogrund oder auf der Allmend Brunau aus. «Der Utogrund ist mit der Tribüne und der Infrastruktur natürlich super für uns», freut sich Matthias Diez. Er ist der Präsident von Rugby Union Zurich. Trainiert wird immer noch in Wollishofen oder im Winter im Sportcenter Fluntern des Akademischen Sportverbands Zürich.

Harter, aber fairer Sport
An diesem Samstag tritt der Stadtclub gegen den Tabellenführer an. Das Spiel gegen OC Monthey aus dem Wallis geht zwar mit 20:59 klar verloren, das tut der Stimmung bei den wenigen Fans aber keinen Abbruch. Mit Bier und Wurst verpflegen sich junge und ältere Zuschauer. Darunter Angelo Frey, der das Team in den Anfangsjahren coachte und dessen Söhne mitspielen. «Am liebsten würde ich jetzt selber ins Spiel eingreifen», sagt der 62-Jährige augenzwinkernd.
Mitspielen möchte auch Vereinspräsident Diez. Der 28-Jährige stiess 2011 zum Team, als er für sein Studium in Wirtschaftsinformatik nach Zürich zog. Er muss jedoch wegen einer Verletzung pausieren. «Es ist eine Sportart für jedermann», erzählt Diez. Rugby sei zwar hart, aber gleichzeitig sehr fair. Es gebe selten böse Fouls, die Spieler hätten Respekt. Selbst an der Rugby-Weltmeisterschaft, die aktuell in Japan stattfindet, spricht nur der Kapitän mit dem Schiedsrichter. «Rugby ist für viele ideal, die bei den klassischen Sportarten etwas zwischen Stuhl und Bank fallen», findet Diez. Er wurde 2007 durch die WM in Frankreich vom Sport gepackt und begann bei den Junioren des Rugby Club Bern.

Am Anfang war es schwieriger
In Zürich dominiert der Fussball. Rugby hat es als Randsportart schwer, an Nachwuchs heranzukommen – zum Beispiel durch Teilnahme am Sporttag der Schule Hans Asper in Wollishofen. Immerhin: Heute kennen viele Zürcherinnen und Zürcher den Unterschied zwischen American Football und Rugby. «Vor zehn Jahren war es zwar schwieriger, heute ist eher das Problem, dass ältere Spieler nicht mehr so aktiv sind», erklärt Diez. Durchschnittlich sei die Mannschaft etwa 26 Jahre alt, die Spanne reiche aber bis über 40 Jahre.
Neben Rugby Union Zurich gibts in Zürich einen weiteren Club: Die Grasshoppers Zürich spielen in der Nationalliga A und gewannen 2014 als erster Deutschschweizer Club die Schweizer Meisterschaft.

Bis Rugby Union Zurich in die höchste Spielklasse aufsteigen kann, dürfte es noch eine Weile dauern. «Es ist natürlich unser Fernziel, aufzusteigen, dafür bräuchten wir aber als Voraussetzung eine zweite Mannschaft», sagt Vereinspräsident Diez.
Rugby ist in ehemaligen Commonwealth-Ländern wie Australien, Neuseeland, Grossbritannien oder Südafrika, aber auch in Frankreich sehr populär. Die Schweiz befindet sich auf der Weltrangliste auf Platz 30. Nationalliga A und B sind Amateurligen. Sie würden vom Niveau in Frankreich etwa einer Provinzliga entsprechen. Allerdings versuchen der Schweizer Rugbyverband, aber auch der regionale Nordschweizer Rugbyverband, sich zu professionalisieren.
Der Regionalverband hat beispielsweise Rahel Bosshard von den Zurich Valkyries als Leiterin Nachwuchs- und Sportförderung eingestellt. Zudem wurde im September das Rugby-Leistungszentrum in Seebach eröffnet.

Heute sind bei beiden Zürcher Clubs Expats wichtig. Rugby Union Zurich legt jedoch Wert darauf, möglichst viele Schweizer für die Sportart zu motivieren. «Wer als Expat auf höchstem Niveau spielen will, geht zu GC, wer lokale Leute kennen lernen möchte, kommt zu uns», sagt Diez. Im Training werde immer Schweizerdeutsch gesprochen. Neue Spieler seien jederzeit willkommen.

Rugby bald im Letzigrund?
Dass Rugby ein Nischendasein fristet, könnte sich ändern. Wenn es nach einem Vorstoss im Gemeinderat geht, soll der Letzigrund nach Umzug der Fussballer ins geplante Hardturm-Stadion für Sportarten wie Rugby und American Football geöffnet werden. Um ihre Interessen besser vertreten zu können, haben sich die Vereine zur Interessensgemeinschaft American Football, Cheerleading und Rugby zusammengeschlossen.

Wer Rugby auf Top-Niveau erleben möchte, hat am Samstag,
2. November, die Gelegenheit dazu. SRF zwei überträgt ab 9.40 Uhr das
Finalspiel der Weltmeisterschaften zwischen England und Südafrika. (Pascal Wiederkehr)

Rugby Union Zurich sucht immer nach neuen Spielern. Weitere Informationen unter: www.ru-zurich.ch