Wenn der Gang zu den Ämtern nicht mehr geht

Zurück

Immer mehr ältere Menschen tun sich schwer mit der Steuererklärung, mit den Krankenkassen oder den monatlichen Zahlungen. Freiwillige des Treuhanddienstes von Pro Senectute Kanton Zürich bieten Hilfe und Entlastung. 

Gertrud Müllerschön sitzt gemütlich auf ihrem Rollator und bespricht die Steuerunterlagen mit ihrer Treuhänderin. Als alles geklärt ist, muss sie nur noch die Steuererklärung unterschreiben. Nach getaner Arbeit unterhalten sich die beiden über die nächsten Ausflugspläne der 82-jährigen Seniorin, die noch sehr unternehmungslustig ist.

Seit knapp einem Jahr erledigt die pensionierte Esther Keller, eine Freiwillige des Treuhanddienstes von Pro Senectute Kanton Zürich, die finanziellen und administrativen Angelegenheiten ihrer Mandantin. Sie macht die monatlichen Zahlungen, schreibt Briefe an Ämter, regelt den Kontakt zur Krankenkasse und zu anderen Versicherungen oder füllt die Steuererklärung aus.

Angehörigen konnten nicht helfen

«Jetzt habe ich keine Sorgen mehr», sagt die 82-jährige Frau mit wachen Augen, Pagenschnitt und einer adrett pinkfarbenen Wolljacke. «Das Administrative bereitete mir aufgrund einer Augenkrankheit immer mehr Mühe.» Das Abgeben der Verantwortung an eine aussenstehende Person ist ihr nicht schwergefallen – auch nicht, ihr eine Bankvollmacht zu erteilen. «Ich war erleichtert.» Sie gelangte an den Treuhanddienst von Pro Senectute Kanton Zürich, weil sie niemand in ihrem Umfeld hatte, der diese Aufgabe hätte übernehmen können. «Ohne Hilfe hätte ich das nie geschafft», erzählt Edith Müllerschön.
Mittlerweile kommt ihre Treuhänderin ein- bis zweimal pro Monat zu ihr ins Altersheim Seniorama Burstwiesen in Wiedikon. Zusammen gehen die beiden die Post durch, die Gertrud Müllerschön gewissenhaft gesammelt hat und in einem sicheren Kistchen im Schrank aufbewahrt. Der Umgang mit Papieren ist ihr vertraut, denn sie war bis zu ihrer Pensionierung über 35 Jahre bei Swiss Life im Büro tätig. Sie hat nur noch wenige Familienangehörige, dafür aber Freundinnen, mit deren Töchtern sie heute noch verbunden ist. «Die Tante wurde eben immer gern zum Hüten geholt», stellt sie lachend fest.

«Ich wollte etwas zurückgeben»

Esther Keller übt ihre Tätigkeit als freiwillige Treuhänderin seit knapp drei Jahren mit viel Herzblut aus. «Im Moment führe ich zwei Mandate. Wir unterhalten uns immer angeregt und lebhaft, wenn ich meine Damen besuche», sagt die 64-Jährige mit breitem Berner Dialekt. «Ich lege grossen Wert darauf, dass wir die Fragen gemeinsam besprechen. Ich mache nur das, was die Kundin wünscht.» Manchmal würde man auch gemeinsam zur Post gehen und Bargeld holen. Nach dem «Geschäftlichen» bleibt immer noch Zeit für Kaffee und Kuchen und einen Schwatz. Pro Monat wendet sie durchschnittlich fünf Stunden für ihre beiden Mandantinnen auf.

Wie kam Esther Keller zum Treuhanddienst? «Weil mein Leben gut verlaufen ist, wollte ich etwas davon weitergeben», begründet sie ihr Engagement. «Ausserdem verstehe ich mich gut mit älteren Damen und schätze die interessanten Gespräche.» Esther Keller war beinahe dreissig Jahre in der Versicherungsbranche tätig und bringt viel Erfahrung in der Administration mit.

Freiwillig unterwegs

Seit fast zwanzig Jahren bietet der Treuhanddienst von Pro Senectute Kanton Zürich seine Dienste an. Heute sorgen über 300 pensionierte Frauen und Männer, ehemalige Fachleute aus dem Finanzsektor, für das finanzielle und administrative Wohlergehen der fast doppelt so vielen Mandantinnen und Mandanten. Die Freiwilligen erhalten eine Spesenentschädigung. Die Finanzierung der Kosten für die Kundschaft wird im Vorfeld geklärt. (pd., Foto:  Stefan Müller/zvg.)

Treue Hände gesucht

Der Treuhanddienst von Pro Senectute Kanton Zürich sucht engagierte Freiwillige mit guten Kenntnissen im kaufmännisch-administrativen Bereich, die bereit sind, ältere Seniorinnen und Senioren bei den monatlichen Zahlungen, beim Verkehr mit Sozialversicherungen und Steueramt zu unterstützen.

Der Treuhanddienst bietet: Individuelles Eignungsgespräch, Einführungskurs, professionelle Begleitung, regelmässigen Erfahrungsaustausch, Weiterbildungsangebote und Entschädigung für die Spesen.

Für Einsätze in der Stadt Zürich wird am 2. und 3. Mai eine Grundschulung für neue Freiwillige durchgeführt. Weitere Auskünfte bei Eveline Scherrer oder Stefan Müller, Treuhanddienst Dienstleistungscenter Stadt Zürich, Pro Senectute Kanton Zürich, Telefon 058 451 50 00 oder treuhanddienst@pszh.ch.