Einfach mal liegen bleiben: Das Schlafzimmer hat sich in vier Jahrhunderten von einem Repräsentations- zu einem Privatraum gewandelt. Dank Video-Führungen erhält man nun im Lockdown vom Bett aus einen Einblick in die neue Ausstellung «Bettgeschichten» im Landesmuseum.
Der Mensch verbringt bei einer durchschnittlichen Nachtruhe von acht Stunden etwa ein Drittel seines Lebens schlafend im Bett. Nachts gehört es zur Normalität, tagsüber eher seltener. Dabei gibt es nichts Schöneres, als einfach den lieben langen Tag zwischen Kissen und Laken zu verbringen – zu lesen, Musik zu hören oder zu telefonieren. Das Landesmuseum Zürich widmet sich aktuell dem Bett.
Aber fangen wir mal ganz vorne an. Das Bett stand nicht mit einem Male fix und fertig da. Es war nicht der Einfall eines einzelnen genialen Menschen, vielmehr haben Generationen an der Entwicklung gearbeitet, bis es die zweckmässige Form der Gegenwart erhält. Das Bett ist ein Stück Kulturgeschichte. Ein eigenes Bett war im 18. Jahrhundert das Privileg der Adligen und sehr reichen Bürger. Den Höhepunkt erreicht die europäische Schlafkultur unter Ludwig XIV. (1638 bis 1715). Der halbe Hofstaat nimmt am Aufstehen und Zubettgehen sowie an der gewährten Audienz des Sonnenkönigs im Bett teil. Fürsten und Adlige machen es ihm nach.
Ein Blick durchs Schlüsselloch
Der Empfang im Bett gilt als «en vogue», auch in der Eidgenossenschaft. Das betrifft natürlich ausschliesslich die gehobenen Kreise. Die Wirklichkeit steht im Kontrast dazu. Ein eigenes Bett ist nur der Oberschicht vorbehalten. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg schläft in der Regel jeder in seinem eigenen Bett.
Ob im Parade- oder Kastenbett, mit Nachthaube oder Zipfelmütze, nackt oder bekleidet, die Ausstellung zeigt, wie sich Schweizerinnen und Schweizer vierhundert Jahre gebettet haben, welche Nachtwäsche sie trugen, wie ihre Schlafzimmer ausgestattet waren. Das Prunkstück der Ausstellung ist das Himmelbett aus Schloss Bürglen im Kanton Thurgau von 1691. Ein Deckel schützt die reich geschnitzte Bettstatt vor Ungeziefer und herunterrieselndem Staub, die Vorhänge rundherum den Schläfer vor Zugluft und Kälte. In ihm schlief der Hausherr, der St. Galler Obervogt Lorenz Werder. Im
18. Jahrhundert leistet sich der vermögende Bauernstand farbig bemalte Möbel. Zur Heirat bringt die Frau einen Teil des Mobiliars und die Bettwäsche mit in die Ehe. Der ausgestellte Schrank mit bildlicher Darstellung der Tell-Legende ist mit Datum der Vermählung und den Namen der Eheleute versehen. Übrigens zeigt die Zunft Wollishofen am Zürcher Sechseläuten-Umzug eine Bauernhochzeit mit dem Brautfuder: Schrank, Bett, Truhe. Im 19. Jahrhundert geht die Veränderung des Schlafzimmers weg vom öffentlichen Raum hin zum privaten Ort. Einzelbetten kommen auf, die einfacher zu beziehen und zu lüften sind. Ausgestellt ist ein schmales Bett, das für eine Person gedacht ist. Zwei Gestelle werden zu einem Doppelbett zusammengeschoben.
Einen weiteren Richtungswechsel bringt Ende 20. Jahrhundert das ultramoderne Bett für Leute, die ihre Zeit im Homeoffice im Bett verbringen wollen. Ein niedriges Bettgestell mit verstellbarem Tischchen zum Frühstücken, ein weiteres für Laptop und Smartphone, ein drittes für den Fernseher. Beim Streifzug durch die Geschichte der Betten darf neben Kinderwiege, Frisiertisch samt Zubehör sowie dem Paravent ein Sitz in Form eines Kastens nicht fehlen. In seiner Öffnung an der oberen Seite ist ein Nachttopf eingelassen. Geschlossen wird die Box mit einem Klappdeckel. Das schlichte Möbel kann auch als Nachttisch Verwendung finden.
Einfache Bevölkerung schlief nackt
Und noch ein kurzer Blick auf die Nachbekleidung. Während die einfache Bevölkerung splitternackt, aber mit Nachthaube oder Schlafmütze ins Bett steigt, breitet sich bei der Oberschicht die passende Nachtbekleidung aus. Ob modisch langes Nachthemd, eleganter Hausmantel oder ab 1890 neu der Pyjama, das Material ist stets von erlesener Qualität. Napoleon Bonaparte wird der Satz zugeschrieben: «Nicht heute Nacht, Josephine.» Hätte die Dame seines Herzens ein hochgeschlossenes mit Spitzen durchbrochenes Nachtgewand aus weisser Baumwolle getragen, dazu ein neckisches Häubchen auf dem Kopf – wer weiss, die Geschichte Europas wäre vielleicht anders verlaufen.
Aufgrund der Corona-Massnahmen ist das Landesmuseum geschlossen. Wer trotzdem einen Einblick in die Ausstellung «Bettgeschichten» erhalten möchte, kann dies im Internet tun. Das Museum hat Video-Führungen bereitgestellt.
Video-Führung zur Ausstellung: www.landesmuseum.ch