«Wir freuen uns übers Kompliment der Gewerkschaft»

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VBZ-Direktor Guido Schoch (64) erklärt, wie er seinen Betrieb aus der Corona-Krise führen will und dass das erste Flexity-Tram nach den Sommerferien den Regelbetrieb aufnehmen soll.

Guido Schoch ist seit gut zehn Jahren Direktor der Verkehrsbetriebe der Stadt Zürich (VBZ) mit gut 2700 Mitarbeitenden, davon die Hälfte im Fahrdienst. Die Corona-Krise stellt den schweizweit grössten städtischen Verkehrsbetrieb auf eine harte Probe. Seit vergangenem Montag fahren Bus und Tram wieder im Normalbetrieb.

Guido Schoch, bisher haben die VBZ die Corona-Krise gut bewältigt. Das sagen sogar Vertreter des VPOD, der Gewerkschaft des Fahrpersonals. Ist das Gröbste nun geschafft?
Das Kompliment freut uns. Wir hoffen, dass wir das Gröbste geschafft haben. Das Problem ist, dass nicht einmal die Wissenschaft sagen kann, wie es weitergeht. Wir hoffen sehr stark, dass es nun keine zweite Corona-Welle gibt. Wichtig war für uns immer, dass wir die Mitarbeitenden und Fahrgäste schützen können.
Wie meistern die VBZ die Herausforderung, nun so schnell wieder vom Krisenmodus in den Normalfahrplan?
Es war eine riesige «Übung», die unsere Mitarbeitenden und auch unsere Fahrgäste bravourös gemeistert haben. Wichtig ist nun zu schauen, wo es mit unserem Personal und mit den Fahrzeugen Engpässe gibt. Denn das Ziel muss sein, dass die Fahrzeuge nicht zu voll werden. Aber wenn alle Passagiere wiederkommen, dann wird es eng.
Darum auch die dringende Empfehlung, Masken zu tragen?
Genau. Deswegen ist es wichtig, dass alle Verantwortung übernehmen und sich und andere schützen.
Sie hatten nur wenige personelle Ausfälle wegen Corona. Führen Sie das auf Ihre Firmenkultur zurück – auch während der Corona-Krise, oder war das ein Stückweit einfach Glück?
Ein bisschen Glück gehört auch dazu. Dass wir an einem Strick gezogen haben, zeigt mir, dass unsere Kultur auf einem starken Fundament steht. Ich bin stolz auf den grossen Einsatz all unserer Mitarbeitenden. Zudem haben wir sehr früh Desinfektionsmittel verteilt. Und wir waren der Anstösser dazu, dass bei den Bussen die vordere Türe und die ersten Sitzreihen gesperrt wurden. Für uns war immer zentral, dass der Abstand zum Personal eingehalten wurde und die Chauffeure geschützt sind. Im Tram ist das weniger heikel, dort sagten wir einfach, dass das Fenster zur Fahrkabine geschlossen bleiben muss.
Die VBZ empfehlen ihren Fahrgästen, eine Maske zu tragen. Nur hält sich in den ersten Tagen fast niemand daran. Setzen Sie selbst eine Maske auf, wenn Sie mit dem Tram und Bus in Ihr Büro nach Altstetten fahren?
Wenn ich der einzige im Wagen bin, dann ist klar – ich ziehe keine Maske an. Wenn es Leute hat, dann ziehe ich sie sicher an. Ich habe bisher aber geschaut, dass ich nur unterwegs bin, wenn es wirklich nötig ist.
Daraus sind gewisse Vorbehalte herauszuhören.
Ein Bericht in der «Tageschau» zeigte schön auf, dass gewisse Hemmungen da sind, eine Maske zu tragen. Man kommt sich komisch vor, wenn man der Einzige ist, der eine Maske trägt. Auch darum haben wir die Werbeaktion mit den maskentragenden Tramnasen. Wir empfehlen dringend, Masken zu tragen, um eine zweite Welle zu verhindern.
Apropos Trams: Hat Ihnen Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht bei der Einführung des Flexity-Trams?
Der Hersteller Bombardier hat immer gearbeitet. Die Krise ist aber auch für Bombardier und die Unterlieferanten eine grosse Herausforderung. Bis Ende Jahr werden weitere neue Trams geliefert werden, wenn vermutlich auch nicht die geplante Menge.
Wann fährt das erste neue Tram im Regelbetrieb?
Zwei Trams sind schon da. Verzögerungen gibt es bei den Zulassungsprüfungen. Ende Sommerferien sollte es so weit sein. Das erste Tram
wird während eines Monats auf der Linie 11 fahren, später auf der Linie 4.
Können Sie den bisherigen Einnahmeausfall bei den VBZ wegen Corona beziffern?
Das ist schwierig zu sagen. Unsere Erträge gehen direkt an den Zürcher Verkehrsverbund.
Sie müssen also zuwarten?
Ja, Bescheid bekommen wir erst Ende Jahr. Regierungsrätin Carmen Walker-Späh sagte kürzlich, total seien es im Kanton Zürich rund
100 Millionen Franken. Und das sei eine Momentaufnahme ohne mögliche zweite Welle. Was der Einnahmenausfall für die VBZ heisst, ist derzeit offen.
Bei der Zusammenarbeit mit dem Zürcher Verkehrsverbund gibt es Höhen und Tiefen. Hoffen Sie, dass es nach der Pensionierung von ZVV-Chef Franz Kagerbauer Ende 2020 eine Entspannung gibt?
Nach dem Knatsch wegen der neuen Trambeschaffung ist das Verhältnis wieder sehr gut. Wir konnten jederzeit konstruktiv miteinander diskutieren. (A. Minor/L. Steinmann)