«Wir nehmen uns viel Zeit»

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Um den Alltag in der Bethesda Residenz Küsnacht trotz Corona-Pandemie, Ausgangssperren und Sicherheitsmassnahmen so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten, sind Irène Ott und ihr Team derzeit gefordert.

Irène Ott führt seit drei Jahren das Aktivierungsteam in der Bethesda Residenz Küsnacht: «Unsere Aufgabe ist es, den Bewohnerinnen und Bewohnern ein abwechslungsreiches Programm zu bieten», erklärt die Aktvierungsfachfrau. Dafür organisieren sie und ihr Aktivierungsteam Musik- und Tanzveranstaltungen oder Ausflüge. Doch seit der Corona- Krise hat sich die Arbeit der drei diplomierten Aktivierungsfachfrauen Irène Ott, Heidi Jörg-Gerber und Claudia Diener stark verändert: «Um die Bewohner zu schützen, mussten alle geplanten Aktivitäten abgesagt oder auf die geltenden Sicherheitsmassnahmen angepasst werden.» Eine Herausforderung, nicht nur für Irène Ott und ihr Team.

Viel Verständnis
«Da der Bund die Massnahmen schrittweise eingeführt hat, konnten wir die Leute gut auf jede neue Verschärfung vorbereiten. Das hat bei der Umsetzung sehr geholfen», so Ott. Die Seniorinnen und Senioren hätten sehr verständnisvoll reagiert: «Auch wenn es besonders für die aktiveren unter ihnen eine starke Umstellung bedeutete. Bis anhin konnten sie selbstständig Verabredungen oder Termine ausser Haus wahrnehmen. Jetzt beschränkt sich ihr Alltag auf den Wohnbereich», so Ott.
«Wir sind durch die derzeitige Situation ganz neu gefordert», sagt Ott und erklärt, dass sie im Normalbetrieb die Menschen auf drei Ebenen aktivieren: «Wir organisieren Veranstaltungen wie Modeschauen, Konzerte oder Filmvorführungen, die für alle frei zugänglich sind. Daneben bieten wir Gedächtnistrainings, Kreativ- Workshops oder Bewegungskurse an.» Für die einzelnen Wohnbereiche werde zudem ein individuelles Angebot zusammengestellt.Da aus Sicherheitsgründen auf die Durchmischung der Abteilungen derzeit verzichtet wird, konzentriert man sich nun darauf, die Beschäftigungsangebote auf den insgesamt neun Wohnbereichen auszubauen. «Wir versuchen, die üblichen Aktivitäten so gut wie möglich den Umständen anzupassen.» Bedeutet, wo sonst ein gemeinsamer Spielenachmittag auf dem Plan stand oder gemeinsames Gedächtnistraining abgehalten wurden, wird jetzt in kleinen Gruppen von maximal drei Personen gemalt oder gerätselt.

Viel Kreativität
Um das Programm weiterhin so vielseitig wie möglich zu gestalten, ist Kreativität gefragt: «Ein grosser Erfolg ist der kleine Kioskwagen, den wir mit Süssigkeiten, Büchern und vielem mehr bestücken und von Abteilung zu Abteilung ziehen», berichtet Ott. Um die ausfallenden Konzerte zu ersetzten, laufen zudem gerade Abklärungen mit der Technikabteilung: «Wir möchten gerne Livestreams von Musikveranstaltungen zeigen.» Auch eine virtuelle Stadtführung wäre, mit den nötigen technischen Hilfsmitteln, denkbar: «Es ist eine Zeit des Ausprobierens, und wir sind sehr froh, werden unsere Ideen durchwegs wohlwollend aufgenommen. » Besonders die Einsamkeit mache den alten Menschen zu schaffen. Speziell die lange Trennung von der Familie oder den Bezugspersonen, fällt vielen sehr schwer: «Um das etwas aufzufangen, wurden alle Abteilungen mit Skype oder FaceTime ausgerüstet und die Angehörigen dementsprechend informiert», so Ott. Aber auch Freundschaften unter den Seniorinnen und Senioren kommen derzeit zu kurz: «Viele vermissen das gemeinsame Mittagessen und den Austausch im Restaurant.»

Viel Zeit
Ott und ihr Team versuchen so gut wie möglich, dem Gefühl der Isolation entgegenzuwirken: «Es ist wichtig, dass wir uns jetzt für alle Bewohnenden genügend Betreuungszeit nehmen können.» Zusätzliche Unterstützung erhalten die Wohnbereiche dabei von der Hotellerie-Abteilung. Da das Restaurant derzeit nur für die Verpflegung des Personals genutzt werden darf, habe man auch dort umdisponiert: «Die Angestellten der Hotellerie helfen bei der Betreuung und haben beispielsweise die Zeit genutzt, um allen Bewohnenden Tulpen auf ihre Zimmer zu bringen.» Auch der Park und die Terrasse wurden gemeinsam bepflanzt. «Bei dem guten Wetter versuchen wir so oft wie möglich nach draussen zu gehen. Das nun alles so bunt daherkommt, wird sehr geschätzt.»

Viele Pläne
Doch Ott findet an der derzeitigen Ausnahmesituation auch Positives: «Durch die intensiven Einzelbetreuungen ist es möglich, viel gezielter auf die Bewohner einzugehen. Man lernt die Menschen und ihre Interessen viel besser kennen.» Das unmittelbare Feedback und die Wünsche, die jetzt viel direkter an sie herangetragen werden, möchte sie nutzen, um nach der Krise ein noch bedürfnisorientierteres Programm zu gestallten. Doch im Moment konzentrieren sich Ott und ihr beiden Mitarbeiterinnen, darauf, den alten Menschen so viel Abwechslung wie möglich zu bieten: «Wir versuchen die Leute Tag für Tag zu motivieren und auch mit etwas Humor gemeinsam durch diese aussergewöhnliche Zeit zu gehen», sagt Ott.
Dass sie ihre von langer Hand geplante Reise nach Australiern nicht antreten kann, versucht die 57-Jährige nicht zu schwer zu nehmen: «Ich kann mich bei der Arbeit noch gut ablenken. Und die Reise ist ja nur verschoben», findet Irène Ott und in ihrer Stimme klingt doch etwas Wehmut mit. (cbr.)