Wo Goldglanz auf Hightech trifft 

Erstellt von Lisa Maire |
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Nach vier Jahren ist der Umbau von Kongresshaus und Tonhalle Zürich abgeschlossen. Erste Einblicke in den aufwendig erneuerten Gebäudekomplex gabs letzte Woche bei einem Medienrundgang. Offiziell wiedereröffnet wird der Veranstaltungsort Anfang September. 

Auf der neuen Terrasse von Kongresshaus und Tonhalle, wo sich die zahlreich erschienenen Medienleute vor dem Rundgang versammelten, sprach Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) von einem Moment der Freude, «auf den wir lange hingearbeitet haben». Die grosse Terrasse mit Restaurant, Aussicht auf See und Alpen und einem direkten Treppenzugang am General-Guisan-Quai stehe sinnbildlich für die Offenheit und Grosszügigkeit des ganzen Gebäudeensembles, sagte Mauch.

Klimaneutrale Veranstaltungen
Ermöglicht wurden Terrasse und Restaurant durch den Rückbau des 1985 erstellten Panoramasaals. Auch der Adagio-Club wurde abgerissen, sodass nun im Kongressvestibül vollständige Durchsicht und Durchgängigkeit herrscht. Mit vergrösserten, flexibel unterteilbaren Flächen für verschiedenste kleine und grössere Anlässe präsentiert sich der Gartensaal unter der Terrasse. 
5300 Quadratmeter Fläche, 4500 Sitzplätze, über 20 Räume und Foyers: Das neue Kongresshaus zähle zu den schweizweit grössten Veranstaltungsorten seiner Art, war am Medienrundgang zu erfahren. Und weltweit zu den modernsten: Eventtechnik, digitale Vernetzung, Akustik – alles «State of the Art». Bis hin zum schwimmend verlegten Parkett, das bei Konzerten mitschwingt. Weitere Besonderheit: Das Kongresshaus ist als klimaneutraler Veranstaltungsort zertifiziert – eine Premiere in der Schweiz. 

Historische Eleganz 
Viel Aufwand und handwerkliches Geschick wurde bei der Restaurierung des grossen Tonhallesaals an den Tag gelegt: Ursprüngliche, vergoldete Ornamente wurden hinter grauen Farbschichten hervorgeholt, Stuckmarmor-Säulen, Kronleuchter, Deckenmalereien und auch die sgraffitoverzierten Wände im Foyer erhielten ihre alte Strahlkraft zurück. Dazu kamen eine neue Orgel der Männedorfer Orgelbaufirma Kuhn und eine grössere Bühne für Orchester und Chor. Im Gegenzug hat sich der Publikumsraum etwas verkleinert. Und das Wichtigste: Die ursprüngliche akustische Brillanz der Grossen Tonhalle, im Laufe der Zeit deutlich schwächer geworden, konnte wiederhergestellt werden. Dabei sei es gelungen, den berühmten warmen Klang zu erhalten, freute sich Tonhalle-Intendantin Ilona Schmiel beim Rundgang.

Bewegte Geschichte
Tonhalle und Kongresshaus haben eine bewegte Geschichte. Die Tonhalle wurde 1893 bis 1895 nach den Plänen eines Wiener Architekturbüros errichtet. Als 1939 der Kongresshaus-Neubau von Häfeli Moser Steiger dazukam, blieben die beiden Tonhallensäle und das Vestibül samt Vorhalle bestehen, der Rest des Altbaus verschwand. Die Renovierungsarbeiten in dem von zwei verschiedenen Architekturauffassungen geprägten, denkmalgeschützten Gebäudeensemble gestaltete sich entsprechend komplex. Wegen bautechnischer, planerischer und schliesslich pandemiebedingter Probleme kam es zu Terminverschiebungen und zu Mehrkosten. Ursprünglich war die Wiedereröffnung auf Herbst 2020 geplant.
Im August nun kann das Tonhalle-Orchester endlich aus seinem Exil in der Tonhalle Maag in seine angestammte Heimat am See zurückkehren. Die ersten Konzerte stehen am 15. und 16. September auf dem Programm. Wer schon vorher die neuen Highlights von Tonhalle und Kongresshaus erleben möchte, kann dies an den Eröffnungstagen vom 4. und 5. September tun. Kostenlose Eintritte an diesen beiden Tagen sind in mehreren Zeitfenstern reservierbar.

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Der Kampf um die Kongresse
Mit der Wiedereröffnung des Kongresshauses am Seebecken nimmt der Konkurrenzkampf bei den Messe- und Kongressveranstalter im Raum Zürich zu. Um die Kundschaft buhlen neben dem Kongresshaus am See einige Mitbewerber. So etwa die  Samsunghall in Dübendorf, laut eigenen Angaben «die zweitgrösste multifunktionale Mehrzweckhalle im Raum Zürich». Sie nimmt damit Bezug auf das Hallenstadion in Zürich-Oerlikon, eine der grössten Mehrzweckhallen Europas. Noch bis 2022 ist jener denkmal­geschützte Bau Heimstätte der ZSC Lions.  Ab August 2022 werden die ZSC Lions dann in der eigenen Halle in Zürich-Altstetten auflaufen. Das erklärte Ziel der dortigen Swiss-Life-Arena ist es, das neue Gebäude mit weiteren Sportanlässen, Kongressen und Generalversammlungen auszulasten. Als weiterer Player im Kongressgeschäft tritt neuerdings auch «The Circle» beim Flughafen auf. Er beheimatet laut eigenen Angaben «einen der grössten Kongresszentren der Schweiz». Für Konkurrenz ist also gesorgt. (ls.)