Der Geschichtsblog «Wollipedia» feierte vor kurzem ein Doppelfest: sein einjähriges Bestehen und den 50. Beitrag. Der schöne Blog stösst über die Quartiergrenzen hinaus auf reges Interesse.
«Grabe, wo du stehst», heisst das Credo der «Wollipedia»-Initianten Sebastian Brändli und Markus Zimmermann, beide seit vielen Jahren in Wollishofen zu Hause. Lokalgeschichte helfe «zu verstehen, wie unsere heutige Lebenswelt zustande gekommen ist», sind sie überzeugt. So gräbt denn der Historiker Brändli mit viel Leidenschaft in der Geschichte seines Lebensmittelpunkts: Seit einem Jahr online, zählt «Wollipedia» bereits über 50 Blogs. Eine besondere Rolle in den Beiträgen spielt Zimmermanns prächtige Postkartensammlung – für sich schon ein Stück vergangener Alltagskultur.
87 Eimer Wein in der Küche
«Wollipedia» geht der Geschichte verschiedenster Örtlichkeiten nach – ob noch existierend oder längst verschwunden, ob «Lustort», Wohnort oder Arbeitsort. Geheimnisse hinter seltsamen Flurnamen wie «Rumpump», «Erdbrust» oder «Galgenrain» werden gelüftet, Einblicke ins Leben alter Wollishofer Familien oder Gewerbebetriebe gewährt. Der Blick des Historikers richtet sich dabei auch auf Aspekte, die in Ortsgeschichtsbüchern nicht oder nur am Rande vorkommen. Wer wohnte einst im Haumesser, am Bach, in der Mutschelle? Brändli befördert aufschlussreiche alte Dokumente zutage, die vom Leben in den Häusern und darum herum erzählen – mit teils amüsant anmutenden Details. So erfährt man im sehr informativen Blog «Ärzte in Wollishofen» nebenbei, dass Chirurg Heinrich Huber, Besitzer des «Hauses zur Hoffnung», bei seinem Tod 1758 unter anderem «6 Manchetten Hembder» und in der Küche «87 Eimer Wein» hinterliess.
Die «Wollipedia»-Initianten sehen ihren Blog nicht nur als digitales Lokalmuseum, sondern genauso als Kommunikationsbrücke: Leserinnen und Leser haben die Chance nachzufragen und Themen vorzuschlagen. Dies tun sie auch fleissig, wie Brändli berichtet.
Blogs wie etwa jener über das «Kalchbühl» oder die «Greppi-Häuser» gehen auf Erinnerungen von Quartierbewohnern und Heimweh-Wollishoferinnen zurück. Brändli freut sich sehr über solche Rückmeldungen: «Ich erfahre dabei auch Dinge, die ich nicht wusste», sagt er. Das Recherchieren und Schreiben der Blogs mache dann doppelt Spass.
Informationen: www.wollipedia.ch