Zollikon ist Kunststoffsammelmeister

Zurück

Ob das Sammeln von Kunststoffabfällen Sinn ergibt, ist umstritten. Herrliberg hält nichts davon. Geld wert ist der Abfall bisher nicht.

Joghurtbecher, Raschelsäcklein und Verpackungsfolien zu rezyklieren, lohne sich kaum. Einem geringen ökologischen Nutzen stünden hohe Kosten gegenüber. Zu diesem Schluss kam im vergangenen Jahr eine im Auftrag des Bundes erstellte Studie. Nur 25 bis 35 Prozent des Sammelguts lasse sich wieder verwenden, der Rest werde verbrannt, befanden die Hochschule für Technik Rapperswil und die Basler Firma Carbotech.
Falsch, antworteten Kritiker: Mit einer landesweiten gemischten Kunststoffsammlung lasse sich jährlich bis zu 250 000 Tonnen CO2-Ausstoss einsparen und zumindest ein Teil des Materials im Kreislauf behalten, sagt der Verein Kunststoff-Recycling Schweiz. Was beim PET funktioniere, sei auch mit allen anderen Kunststoffbehältnissen möglich. In Zürich forderten kürzlich die Jungen Grünen ein flächendeckendes Plastik- Recycling. Sie übergaben Stadtrat Filippo Leutenegger (FDP) eine Petition mit 3300 Unterschriften. Zollikon, Küsnacht und Zumikon sind bereits einen Schritt weiter. Schon seit drei Jahren können die Einwohnerinnen und Einwohner von Zollikon Kunststoffabfälle separat zurückgeben. Sie tun das auf eigene Kosten. Die Sammlung gehe auf ein entsprechendes Angebot der Recyclingfirma J. Grimm aus Oetwil am See zurück, sagt Gemeindeschreiberin Regula Bach. Die Firma verkauft an der von ihr betriebenen Sammelstelle Dachslerenstrasse spezielle Sammelsäcke für Kunststoff und nimmt diese dort auch zurück. Bisher wurden 17 000 Säcke verkauft, mit je 110 Liter Inhalt. Jeder Sack kostet 3.80 Franken. Wie viele Kilogramm Kunststoff auf diesem Weg schon zurückgebracht wurden, lässt sich nicht beziffern. Die Firma Grimm macht dazu keine genauen Angaben. Sicher ist: Die Menge der pro Jahr in Zollikon verkauften Säcke hat sich seit dem Start verdoppelt. 2017 waren es 7560 Säcke.
Auch in Zumikon ist die Firma Grimm seit Juni zuständig für die Kunststoffsammlung. Wie viele Sammelsäcke dort bisher verkauft wurden, ist nicht bekannt.

Investition in die Zukunft
Für die Oetwiler Firma J. Grimm AG sei das Sammeln von Kunststoff vorläufig ein Nullsummenspiel, sagt Betriebsleiter Fritz Kühne. Die Sackgebühr plus der Ertrag der wiederverwendbaren Kunststoffe decke in etwa die Kosten für das Pressen der Säcke, deren Transport zur Weiterverarbeitung und das Aussortieren des nicht verwertbaren Inhalts. «Wir bieten das Kunststoffsammeln an, weil es die Kunden wünschen», sagt Kühne. Finanziell lohnen könnte sich das Geschäft, wenn der Preis für rezyklierte Kunststoffe anziehen sollte. Für diesen Fall will auch die Firma Grimm bereit sein, mit einem Netz von Sammelstellen in möglichst vielen Gemeinden. Zum Sortieren transportiere die Firma Grimm die gepressten Kunststoffsäcke ins deutsche Rheinfelden, sagt Kühne. Dort werden die Abfälle zerkleinert und in mehreren Schritten sortiert. Am Schluss wird daraus ein Granulat hergestellt, das der Kunststoffindustrie verkauft wird. Die übrig bleibenden Reste werden anstelle von Kohle oder Erdöl in Zementfabriken oder in Kehrichtverbrennungsanlagen verbrannt.
Die Anlage in Rheinfelden sei eine der modernsten der Region, sagt Ivo Baldini von der Firma Kunststoffsammelsack Schweiz GmbH. Diese lieferte im vergangenen Jahr 2200 Tonnen Kunststoffabfälle nach Rheinfelden. Zum Umsatz macht die Firma keine Angaben. «Aus einem Kilogramm Kunststoffabfall werden ungefähr 0,5 Kilogramm Regranulat hergestellt», sagt Baldini. Das Granulat kann anschliessend für Plastikprodukte wiederverwendet werden. Im Moment würden schweizweit ungefähr 5000 Tonnen Kunststoffabfälle pro Jahr gesammelt, schätzt Baldini. Das Potenzial belaufe sich auf bis zu 120 000 Tonnen. Anfangs hatte die Firma Kunststoffsammelsack den Inhalt der Säcke im Urnerland von Hand sortieren lassen. Mittlerweile wurde der manuelle Sortierbetrieb dort aber eingestellt, aus finanziellen Gründen.

Einige wenige Säcke aus Küsnacht
Auch in der Gemeinde Küsnacht verkauft die Firma Grimm an der mobilen Sammelstelle Itschnach Sammelsäcke und nimmt sie zurück. Den Anstoss für die Kunststoffsammlung hätten Einwohner gegeben, sagt Albi Thrier, Leiter Tiefbau. In Küsnacht stiess das Sammelangebot der Firma Grimm aber auf deutlich weniger Resonanz, als in Zollikon. Lediglich 400 Säcke mit 60 oder 110 Liter Inhalt wurden seit der Einführung Anfang 2015 verkauft. «Die Nachfrage der Bevölkerung hält sich in Grenzen», sagt Thrier. Er gibt aber zu bedenken, dass viele Plastikflaschen mittlerweile bei den Grossverteilern zurückgegeben werden könnten. Ausserdem sind die Öffnungszeiten der mobilen Sammelstelle Itschnach kürzer als in Zollikon.
Zusammen mit Erlenbach wird Küsnacht die Öffnungszeiten bald massiv ausbauen. Ab Mai 2019 soll an sechs Tagen pro Woche in der erneuerten gemeinsamen Sammelstelle an der Gartenstrasse auch Kunststoff zurückgegeben werden können (siehe Kasten). Erlenbach hat bisher auf das Sammeln von Kunststoff verzichtet. Nun sagt Roman Mathieu, Leiter Tiefbau und Umwelt: «Wir sind überzeugt, dass die Separatsammlung von Kunststoffen ein Schritt in die richtige Richtung ist.»

Herrliberg sagt Nein
Anderer Meinung ist die Gemeinde Herrliberg. Die separate Sammlung von Kunststoffabfällen sei schon diskutiert worden, sagt Michèle Sauter, Sachbearbeiterin Gesundheit. «Der daraus resultierende ökologische Nutzen ist zu klein.» Die vor der Wiederaufbereitung des Kunststoffs nötige Trennung des durchmischt zurückgebrachten Plastikabfalls sei zu aufwendig. (dh.)