Zürichs Versicherungsmeile renoviert sich

Zurück

Das Mythenquai befindet sich im Wandel: Bauprojekte der grossen Versicherungen werden die Seepromenade in den nächsten Jahren verändern. Ab 2024 soll auch die Hafenpromenade aufgewertet werden. Was bisher geschah und was noch kommt – eine Übersicht.

Kürzlich wurde im Kantonsrat über die Aufwertung des Seeufers beim Bürkliplatz diskutiert. Geht es nach der bürgerlichen Mehrheit im Kantonsparlament, wird dort ein Restaurant im See entstehen – sie treibt einen entsprechenden Richtplaneintrag voran.

Würde dieses Projekt dereinst realisiert, wäre es nur eines von zahlreichen Bauprojekten, die das rechte Seeufer vom Bürkliplatz stadtauswärts in den nächsten Jahren verändern und prägen. Denn das Mythenquai erfährt in den nächsten Jahren quasi eine «Rundum-Sanierung»: Die beiden Grosskonzerne Zurich Versicherung und Swiss Re –  letztere besitzt sechs Gebäude am Mythenquai – sanieren ihre Liegenschaften und erstellen mehrere Neubauten . Nach deren Fertigstellung will dann die Stadt Zürich die lang angekündigte Aufwertung der Hafenpromenade Enge in Angriff nehmen.

Neue Flaniermeile
Beide Versicherungsgesellschaften haben im Zug der Planung ihrer Neubauten Abkommen mit der Stadt Zürich treffen müssen, die der Allgemeinheit zugute kommen. So bezahlt die Zurich Versicherung einen Mehrwertausgleich von 8,4 Millionen Franken für ihr Höherbaurecht. Die Swiss Re steuert einen noch nicht genau dotierten Beitrag an einen Verpflegungskiosk in der künftigen Hafenpromenade bei. Ausserdem hat sich das weltweit zweitgrösste Rückversicherungsunternehmen vertraglich dazu verpflichtet, die heute oberirdischen Parkplätze vom Hafen Enge in einer Tiefgarage unter der Liegenschaft Mythenquai 20–28 unterzubringen.

«Dank den finanziellen Beteiligungen der beiden Versicherungsgesellschaften werden die Voraussetzungen für die Aufwertung der Hafenpromenade gemäss Leitbild und Strategie Seebecken der Stadt Zürich geschaffen», erklärt Lukas Handschin von Grün Stadt Zürich auf Anfrage. Bis die Aufwertung umgesetzt wird, dauert es allerdings noch einige Jahre: «Angesichts der Komplexität der Rahmenbedingungen, der vielen beteiligten Grundeigentümer und städtischen Ämter soll zunächst eine Machbarkeitsstudie erstellt werden», erklärt Handschin. Das Amt für Hochbauten habe soeben mit der Machbarkeitsstudie begonnen – in enger Zusammenarbeit mit Grün Stadt Zürich und allen weiteren Grundeigentümern und Betroffenen.

Wie Handschin ausführt, soll die Machbarkeitsstudie die Planungssicherheit gewährleisten und gleichzeitig die ungefähren Kosten der Aufwertung ermitteln. Erst danach könne der Projektwettbewerb für die Aufwertung ausgeschrieben werden. Den groben Zeitplan fasst Grün Stadt Zürich folgendermassen zusammen: Nach der Machbarkeitsstudie sollen im 2019 die Vorbereitung für den Projektwettbewerb beginnen, 2020 stehen Durchführung, Jurierung und Abschluss des Wettbewerbs an, ab 2021 die Projektierung und ab 2024 die Realisierung.

«Swiss Re Next» bereits fertig
Während sich die Stadt also noch in der Anfangsphase der Planung befindet, hat die Rückversicherungsgesellschaft Swiss Re ihren neuen Hauptsitz bereits fertiggestellt. Der von Diener & Diener Architekten entworfene Glaspalast mit dem Namen «Swiss Re Next» (Bild oben links) konnte nach zehnjähriger Bau- und Planungszeit im September 2017 in Betrieb genommen werden und bietet Platz für 1100 Mitarbeitende.
Nach Abschluss dieser Bauarbeiten hat der Rückversicherer zwischen Herbst 2017 und Frühjahr 2018 den Altbau saniert und ebenfalls für sein neues flexibles Arbeitsplatzkonzept umgerüstet. Aktuell wird nun das Klubhaus modernisiert. Gemäss Mediensprecher Willy-Andreas Heckmann erweitert die Swiss Re dort die Kapazitäten, damit das Gebäude im Rahmen der Vision «Campus Mythenquai» sämtlichen rund 3300 in Zürich tätigen Mitarbeitenden als Betriebsrestaurant dienen kann. Die Fertigstellung ist auf Ende 2019 geplant, bevor dann ein weiteres Grossprojekt ansteht: Der Abriss und Neubau der Liegenschaft My-thenquai 20–28, im Volksmund «Mythenschloss» genannt. Das herrschaftlich anmutende Gebäude soll durch einen Neubau ersetzt werden.

Ursprünglich in den 1920er-Jahren als Wohnpalast erstellt, wurde das «Mythenschloss» in den 1980er-Jahren abgerissen und neu gebaut. Die seewärts gewandte Fassade hat man damals im ursprünglichen Stil rekons-truiert – sie erinnert auch heute noch an den prestigeträchtigen Originalbau. Von der Alfred-Escher-Strasse aus betrachtet ist die Liegenschaft jedoch ein normales Bürogebäude im typischen 1980er-Jahre-Stil mit Metallfassade. Die «Rekonstruktion» wurde im Zuge der Neubaupläne der Swiss Re aus dem Inventar für denkmalgeschützte Bauten entlassen. Es war ein Entscheid, der für Aufruhr sorgte; Anwohnern und die Stiftung Archicultura legten Rekurs ein. Schliesslich hat nach dem Baurekursgericht aber auch das Verwaltungsgericht den Entscheid der Denkmalpflege gestützt.

Eine weitere Hürde für den Baustart stellt der private Gestaltungsplan dar, welcher der Stadtrat im Juli dem Gemeinderat übergeben hat. Dieses Planungsinstrument wurde nötig, weil das Projekt von Meili & Peter Architektur einige Abweichungen von der geltenden Bau- und Zonenordnung vorsieht. Darunter fallen die Gebäudehöhe, der aufgehobene Pflichtwohnanteil von 33 Prozent sowie die Hofsituation gegenüber dem Mythenquai. Die Swiss Re rechnet damit, dass der Gemeinderat das Geschäft im Lauf des Herbstes 2018 behandeln wird. Bis zur Fertigstellung des geplanten Büro-Neubaus, welche gemäss Mediensprecher Heckmann für Mitte der 2020er-Jahre geplant ist, bleiben rund 1500 Swiss Re Mitarbeitende in zwei Betriebsgebäuden in Adliswil tätig.

Neuer Hauptsitz für Zurich
Solche Planungsschritte bereits hinter sich hat die Zurich Versicherung, die aktuell ihren Hauptsitz neu baut. Dieser bestand aus vier Gebäuden, wovon drei denkmalgeschützt sind. Sie werden nun renoviert und erdbebensicher gemacht. Den vierten Bau hat die Grossversicherung abreissen lassen und ersetzt ihn durch einen alle Gebäude verbindenden Neubau des Wiener Architekten Adolf Krischanitz. Auch er wird – wie der neuen Swiss- Re-Palast – mit einer Glasfassade auf sich aufmerksam machen – und ab 2020 aus der Versicherungsmeile wohl nicht mehr wegzudenken sein. (aj.)