Zwingli-Tagung mit Comeback von Cabalzar

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Anlässlich des 500-Jahr- Zwingli-Jubliäums tagten hochkarätige Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der reformierten Kirche in Herrliberg. Gespannt war man vor allem auf einen: Pfarrer Andreas Cabalzar, der nach seinem Unfall zum ersten Mal wieder auftrat.

Namhafte Gäste standen auf der Gästeliste des Herrliberger Podiums zum 500-Jahr-Jubiläum von Huldrych Zwingli: So zum Beispiel Politikerinnen und Politiker wie Corina Gredig (GLP) und Ruedi Noser (FDP), aber auch «Zwingli»-Regisseur Stefan Haupt. Die gut besuchte Veranstaltung fand in der Kirche Tal nahe des Bahnhofs statt. Ein besonderer Gast, dessen Comeback das Publikum mit grosser Spannung erwartete, war Andreas Cabalzar. Der 57-jährige Pfarrer und Initiant der Kulturkirche Erlenbach hatte vergangenen Winter kurz nach Weihnachten schwerste Verletzungen bei einem Skiunfall erlitten. Seither ist er von der Hüfte abwärts gelähmt (der «Küsnachter» berichtete).

Langsam in den Alltag zurück

Die letzten Monate nach seinem Unfall in Obersaxen GR verbrachte Cabalzar in der Rehabilitationsklinik Nottwil, wo er schrittweise zurück ins Alltagsleben geführt wurde. Seine Füsse und Zehen kann der Pfarrer zwar bewegen, doch gehen können wird er nie wieder.

Trotz des schlimmen Ereignisses lässt sich der Pfarrer seinen Lebensmut nicht nehmen und verspürt Dankbarkeit (siehe Kurzinterview rechts). Stina Schwarzenbach, die Cabalzar momentan als Pfarrerin in Erlenbach vertritt, freut sich über dessen Rückkehr. «Ich hoffe, ihn so gut es geht zu unterstützen», so Schwarzenbach. Auch ein Besucher der Zwingli-Tagung, Dominique Candrian, ist gespannt auf den ersten öffentlichen Auftritt nach dem gravierenden Unfall. «Das Thema Kunst mit Zwingli zu verbinden, finde ich sehr originell. Cabalzar war schon immer kreativ, er ist ein wahrer Freigeist», erzählt Candrian, der den Pfarrer schon seit längerem kennt.

Drei Geistliche im Gespräch

Was ist Kunst, was ist christliche Kunst und wie stehen diese Dinge in der heutigen Zeit in Bezug zur Kirche und Liturgie? Diesen Themen widmeten sich drei verschiedene Geistliche: Friedhelm Mennekes, Jesuit und Kurator der Kulturabteilung des Vatikans, Bernd Schwarze, Pfarrer und Leiter der Kulturkirche St. Petri in Lübeck, sowie Hannes Langbein, Pfarrer an der Stiftung St. Matthäus in Berlin. Andreas Cabalzar führte durch die Diskussion, dazwischen gab es musikalische Interventionen vom Pianisten Alex Wilson.

Mennekes, der die Diskussion eröffnete, vertrat radikale Ansichten bezüglich Kunst im Allgemeinen und insbesondere christlicher Kunst. Seiner Meinung nach gebe es keine «christliche Kunst», denn «Kunst ist immer nur gegenwärtig». Ausserdem sei er gegenüber allem Konfessionellen kritisch und stelle es infrage. «Als Jesuit muss man schwören, dass man in der Institution stirbt. Und als ich das schwören musste, hatte ich schon sofort einen juristischen Vorbehalt angemeldet», erklärte der Jesuit, während das Publikum lachte. Die Kirche müsse sich mehr um Gegenwärtiges kümmern und «den Blick nach vorne haben», so Mennekes. «Die ganze Kunst drängt zur Moderne hin.»

«Wir brauchen Skeptiker»

Bernd Schwarze versteht die aussergewöhnlichen Gottesdienste, die er in der Kultur- und Universitätskirche St. Petri abhaltet, nicht als solche. Er bezeichnet die rituellen Veranstaltungen «Petri Visionen». Diese finden meist abends statt und sind eine Mischung aus Performance, Liturgie und Kultur. Die gut besuchten Veranstaltungen haben den Zweck, «die Religion gegen den Strich zu bürsten», sie infrage zu stellen und sie so wiederum zu würdigen. Andersdenkende sind in der Lübecker Kirche willkommen. «Wir brauchen ganz viele Skeptiker, Agnostiker und Atheisten in unserer Kirche», so Schwarze. Dieser unkonventionelle Ansatz bescherte Schwarze den Ruf als «bunter Papagei», wie er humorvoll erzählt.

Auch der Direktor der Stiftung St. Matthäus, Hannes Langbein, beschäftigt sich in seiner Arbeit viel mit Kultur. Der Theologe ist unter anderem Präsident der Gesellschaft für Gegenwartskunst und Kirche «Artheon» und Redaktor für die Zeitschrift «Kunst und Kirche». Umgeben von wichtigen Bauwerken wie der Philharmonie, der Nationalgalerie und der Staatsbibliothek befinde sich auch die Kirche selbst zwischen Kunst, Kultur und Geschichte, meinte er zum Schluss.

Das Podium endete nach eineinhalb Stunden mit einer kurzen Schlussdiskussion aller Referenten – danach wurde noch bis abends um 19 Uhr auf andern Podien und zu andern Fragestellungen rund um die Reformation weiterdiskutiert. (lrh.)